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Weniger Profs gegen mehr Studenten

■ Berlin bekämpft den „Studentenberg“ mit einer Reduzierung der Professorenzahl / Neuer TU-Präsident gibt seinen Segen

Berlin (taz) – Noch bevor er seine erste Sitzung leitete, hatte der Asta schon den Rücktritt von Dieter Schumann gefordert. Der neue Präsident der Technischen Universität Berlin, so krähte der Asta auf einem Flugblatt, spiele mit beim Studienplatzabbau in Berlin. Es war nicht Schumanns Idee. Aber sein vorauseilender Gehorsam wird für das gebraucht, was der Berliner Wissenschaftssenator Manfred Erhardt (CDU) groteskerweise zur Lösung der Hochschulkrise durchziehen will: den „Studentenberg“ – wie er ihn gern nennt – dadurch abzutragen, daß er ausgerechnet die Zahl der Lehrenden verringert. Eine Art hochschulpolitischer Putsch. Der Numerus clausus würde zum Regelfall. Die in Artikel 12 Grundgesetz garantierte freie Wahl des Ausbildungsplatzes wäre Makulatur.

Seit den 70er Jahren, als der sogenannte Öffnungsbeschluß einen breiten Zugang zum Hochschulstudium ermöglichte, wuchs die Zahl der wissenschaftlichen Stellen in den Hochschulen der alten Bundesrepublik um rund 1.000 (ohne Medizin). Eine Steigerung von ganzen 1,6 Prozent – gegenüber einer Verdoppelung der Studierendenzahlen im geichen Zeitraum. Allein in Berlin aber würden dem Spardiktat des Senators Erhardt in den nächsten Jahren 1.207 Wissenschaftlerstellen zum Opfer fallen.

„Wir haben keine Mühe, die Reduzierung der Studienplätze durchzuführen“, assistierte Dieter Schumann dem Senator, kaum daß ihn die TU zu ihrem Präsidenten gewählt hatte. Um 4.500 Studienplätze soll die größte Technische Universität kleiner werden. Um Studien-Plätze wohlgemerkt, nicht Studenten. Das bedeutet nach dem komplizierten deutschen Kapazitätsrecht: freiwerdende Stellen von Professoren und wissenschaftlichen Mitarbeitern werden gestrichen oder nicht mehr besetzt. Die Studienbedingungen, schon heute offensichtlich katastrophal, würden vollends zum Desaster. An den Studentenzahlen ändert sich durch die Berliner Politik nämlich zunächst einmal nichts.

Der Chemiker Dieter Schumann brach mit seiner offenen Zustimmung zu dieser Spar- und NC- Politik den – zuletzt brüchigen – Konsens unter den Berliner Hochschulen, den Numerus clausus abzulehnen. Sein Vorgänger Manfred Fricke hatte sich wenigstens in der Öffentlichkeit gegen den flächendeckenden Numerus clausus (NC) gestemmt; per Brief bat er den Senator später allerdings um die zwangsweise Verhängung von Zulassungsbeschränkungen.

Die (Ost-)Berliner Humboldt- Universität hielt sich bislang vornehm aus dem Streit heraus. Sie ist noch relativ klein, außerdem gilt das westdeutsche Zulassungsrecht für sie vollends erst ab dem kommenden Wintersemester.

Die benachbarte Freie Universität bekam die Folgen der Personalkürzungen bereits zu spüren. Ein halbes hundert Studierende mehr mußte die FU beispielsweise in Humanmedizin aufnehmen – über die von Manfred Erhardt festgesetzte Zulassungszahl hinaus. Das entschieden die Verwaltungsgerichte. Sie rechneten der FU dabei sogar noch die Lehrkapazität bereits weggefallener Hochschullehrerstellen als „fiktives Lehrangebot“ an. Nach der Lehrkapazität richtet sich die Zahl der zugelassenen Studenten. Die Erhardtschen Zulassungszahlen schätzten die Verwaltungsgerichte in mehreren Fällen als „offensichtlich rechtswidrig“ ein.

Den Wissenschaftssenator ficht das nicht an. Der aus dem Schwäbischen nach Berlin gekommene Rechtsprofessor möchte gern den Vorreiter spielen. Bestärkt – wie er behauptet – von einem Bundesverfassungsrichter, will er die bundesdeutsche Hochschulkrise in Berlin exemplarisch via Kapazitätsrecht lösen. Dafür will er notfalls bis zum Verfassungsgericht ziehen. Daß dabei die Öffnung der Hochschulen und das Recht auf Bildung kassiert wird, stört den Wissenschaftssenator wenig. „Bildung bedeutet nicht, daß ich wie in einen Schafstall alle hineintreibe und dann sage, jetzt habe ich das Recht auf Bildung verwirklicht“, sagte er der taz in einem Interview.

Die Leidtragenden seiner Politik werden die Universitäten sein, vor allem die TU des willigen Präsidenten Schumann. Und das, obwohl die TU die einzige Uni auf dem Wege einer Selbstreform ist. Sie hat eine Reduzierung ihrer Fachbereiche von 22 auf 14 beschlossen. Ab Oktober soll sie wirksam werden.

Auch ihr Studium will die TU reformieren. Sie hat dazu die Einrichtung neuartiger Studienbüros beschlossen. Doch dafür braucht die Universität Stellen. Stellen, die ihr nun im Zuge der Erhardtschen Sparpolitik abhanden kommen. Der scheidende Präsident Fricke sah deswegen „irrsinnige Strukturverzerrungen“ voraus, die auf die Universität zukämen. Christian Füller

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