: CDU trainiert innerparteiliche Demokratie
■ Hamburgs Christdemokraten auf neuen Wegen: Abschied vom ZK / Fischer verkündet Satzungsänderung und ziert sich
/ Fischer verkündet Satzungsänderung und ziert sich
Nun aber hurtig. Eine Woche nach dem vernichtenden Urteil des Verfassungsgerichts über den innerparteilichen Zustand der CDU schwingt Hamburgs Union den demokratischen Selbstreinigungs-Besen. Noch etwas ungelenk in der ungewohnten Übung kündigte Parteichef Dirk Fischer gestern Satzungsänderungen an, „die zu beschließen sein werden“.
Und zwar subito. Schon heute in einer Woche soll ein kleiner Parteitag der Christdemokraten dem vom Verfassungsgericht gerügten Blockwahlverfahren den Garaus machen. Statt dessen soll künftig über jeden Parlaments-Kandidaten einzeln abgestimmt werden. Gegenvorschläge zu den von einem 17köpfigen Wahlausschuß vorgelegten Kandidatenlisten sollen jederzeit möglich sein. Einzige Bedingung: Der Gegenvorschlag muß von zehn Parteivertretern unterschrieben sein. Bisher hatte der Wahlausschuß der Vertreterversammlung Wahlvorschläge in Zehnerblöcken gemacht. Die Nominierung von Alternativkandidaten war erst nach zweimaliger Ablehnung eines Zehnerblocks zulässig.
Ende Juni soll die neue CDU- Demokratie erstmals eingeübt werden. Dann werden in einem dreitägigen Abstimmungsmarathon die rund 100 Bürgerschaftskandidaten sowie die Anwärter für die Bezirksparlamente aufgestellt. Und erst danach wird auch endgültig feststehen, wer die Union auf Listenplatz eins in den Wahlkampf führen wird. Dürfen wir uns also auf eine schlagzeilenträchtige Kampfabstimmung über CDU-Listenplatz eins freuen?
Wohl kaum. Denn die Bewerber stehen nicht gerade Schlange vor den Türen der CDU-Zentrale am Leinpfad. Zwar wird Parteichef Fischer nicht müde zu betonen, daß er ständig Gespräche mit möglichen Kandidaten führe. Aber bei genauerem Hinsehen scheint es nur noch eine Person zu geben, die auf dem Zettel des Parteichefs noch nicht abgehakt ist: Fischer selbst.
Wunschkandidatin, Ex-Bürgerschaftlerin und Treuhand-Abwicklerin Birgit Breuel hat ebenso abgewunken wie Ex-Favorit Martin Willich. Und auch in der Bonner Unions-Zentrale fällt den Mitarbeitern außer Fischer nur ein Name ein, dessen Nennung allein Parteichef Fischer gestern mittag schon in Rage brachte: Partei-Pate und Fischer-Vorgänger Jürgen Echternach.
Nein, da macht Fischer dann doch lieber selbst Wahlkampf. Auch wenn er sich am kommenden Donnerstag erst noch den Segen von Kanzler Kohl abholen will, ein paar Warmlaufrunden für die Auseinandersetzung mit SPD-Spitzenkandidat Voscherau können ja nicht schaden: Des Senatschefs Attacken gegen das gerügte Wahlverfahren der Union („ZK der CDU“) seien eine Unverschämtheit. Der Bürgermeister habe bereits jetzt das „Wahlkampfklima vergiftet“. Voscherau solle sich lieber an die eigene Nase fassen respektive die Satzung der SPD einsehen.
Die sei schließlich auch nicht ohne, erklärt Fischer und wühlt aus dem Archiv eine Dissertation des Ex-SPD-Bürgerschaftsabgeordneten Günter Pumm heraus. Pumm hatte in der 1977 veröffentlichten Arbeit das Nominierungsverfahren der SPD als wenig demokratisch kritisiert. Uli Exner
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