: Möhrenmarkt für Müslifreunde
■ Naturkost en masse: „Bio-Abholgroßmarkt“ wird morgen eingeweiht
Das waren noch Zeiten, in denen der Bioladen um die Ecke an zwei Tagen die Woche zu hatte — weil, Helmut war ja mit dem R4 unterwegs bei den Landwirtschaftskollektiven der Umgebung und suchte die Kohlrabi bei Fachgespräch und einer Tasse Mate-Tee noch eigenhändig aus.
Das waren noch Zeiten, in denen die Bioläden „vor lauter Plakaten so zugekleistert waren, daß bloß keiner reinkam“, so einer der Lieblingssprüche von Eberhard Hasper. Die oben genannte Einkaufsmethode sei zwar nett und kommunikativ, aber unwirtschaftlich. Seine Methode: Raus aus dem Klein-Klein-Vertrieb, rein in den Großmarkt.
Und so öffnet am Samstag ein neuer „Bio-Abholgroßmarkt“ auf dem Bremer Großmarkt seine Pforten: In der eigenen „Biohalle“ werden das Naturkost-Kontor, ein Zusammenschluß von sechs regionalen Erzeugern, und Eberhard Haspers „MOP“, ein auf Käse und Molkereiprodukte spezialisierter Naturkost-Großhandel, frisches Gesundfutter en masse anbieten. Zur Einweihung wird Bürgerschaftspräsident Dieter Klink, dem Anlaß entsprechend, feierlich einen Käse „einleiben“ — das heißt, drei Tropfen Ferment zwecks schnellerer Verdickung in kontrolliert biologische Milch zu schütten.
Der Schritt auf den Großmarkt ist eine Reaktion auf die Veränderung des Naturkostmarktes: „Mittlerweile haben sich so viele Bauern umgestellt, daß die kleinen Naturkostläden, die die Vermarktung übernommen haben, mit ihrer Kapazität nicht mehr nachkommen“, sagt Hasper. Und mit dem Bio-Großmarkt sollen auch neue KundInnen angesprochen werden: kleinere Läden, die noch in Eigenregie einkaufen, und vor allem Restaurants und Großküchen. „Die Berührungsängste lassen sich auf dem Großmarkt viel leichter abbauen“, hofft Hasper.
Die Kontrolle soll bei diesem Vermarktungssystem erhalten bleiben, auch wollen die beiden Großanbieter den VerbraucherInnen den Überblick über die Handelswege nicht nehmen; Wirtschaftlichkeit steht aber eindeutig an erster Stelle: „Es ist einfach zum Teil billiger, Waren in großen Mengen aus Süddeutschland einzukaufen und hierher transportieren zu lassen“, so Hasper. Das Prinzip, aus ökologischen Überlegungen nur Erzeugnisse aus dem Umland zu verkaufen, hat aus seiner Sicht nur „sehr engstirnige Diskussionen ausgelöst“. Der Verkauf von biologischen Käse- und Molkereiprodukten, Kartoffeln, Zwiebeln, Möhren, Kohl, Gurken, Tomaten, Salaten und Kräutern auf dem Großmarkt soll den SelbstvermarkterInnen keine Konkurrenz machen. Doch mit dem Schritt auf den Großmarkt ist vielleicht ein Schritt getan, das Naturkostangebot weiter zu verbessern — damit es hier bald, nach dem Vorbild Münster, den ersten „Bio-Supermarkt“ geben kann. skai
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