„Alle sollen mit der Bahn fahren“

■ Verbessertes Regionalverkehrsangebot und günstige Preise bei der Deutschen Reichsbahn für Fahrten ins Berliner Umland / Allerlei Tips für Ausflüge ins Grüne

Noch ist es still in Chorin. Gerade das macht die Gegend im Nordosten von Berlin als Naherholungsgebiet so reizvoll. Die 500-Seelen-Gemeinde liegt zwar nur eine knappe Zugstunde von Berlins Mitte entfernt – wer aber in dieser Idylle seine Gedanken an das Großstadtchaos verschwendet, ist selbst schuld. In einem der größten Biosphärenreservate Europas, der Schorfheide, erholt sich der streßgeplagte Großstädter, atmet durch und wundert sich über so viel Natur auf einem Haufen. Und damit der Familienkrach beim Sonntagsausflug nicht schon im Stau auf dem Stadtring ausbricht, wartet die Deutsche Reichsbahn (DR) pünktlich zum Saisonbeginn mit Neuigkeiten auf.

Am 23. Mai ist Fahrplanwechsel und für die Bahn gleichzeitig willkommener Anlaß zu Verbesserungen in ihrem Regionalverkehrsangebot. Die ersten Züge wurden von Designern völlig neu durchgestylt: dezente Pastelltöne, großzügige Raumgestaltung, getönte Fensterscheiben und andere kleine Details sollen künftig Noch-Autofahrer auf die Schiene locken. Allerdings kann die Bahn nur „Zug um Zug“ den neuen Komfort einführen, so Wolfgang Feldwisch, Leiter der Fahrwegetechnik der DR. Besonders stolz sind die Eisenbahner auf die Doppelstockzüge. Endlich kann auch im Regionalverkehr Erste Klasse gefahren werden. Oben die Nobel-Ausstattung, unten die einfache Ausführung. Aber es kommt noch besser.

In zwei Wochen wird fortan auf 13 Strecken in die Mark Brandenburg „getaktet“. Wer sich bisher noch ein Kursbuch besorgen oder erst einmal auf den Bahnhof fahren mußte, um die Abfahrtszeiten für die Fahrt ins Grüne in Erfahrung zu bringen, hat's jetzt leichter. Die Züge werden im Ein- oder Zweistundentakt von den innerstädtischen Bahnsteigen ins Brandenburgische starten. Also geht auch an den Wochenenden, wenn die Züge von morgens bis abends durchfahren, jede Stunde beziehungsweise alle zwei Stunden ein Zug.

Passionierte Autofahrer werden nun mit dem Kostenargument kommen. Schließlich ist die Fahrt mit dem Auto viel günstiger. Weit gefehlt. Eine einfache Fahrt in's Berliner Umland, das im Regionalverkehr der DR einen Radius von rund 80 Kilometern ausmacht, kostet höchstens zwölf Mark. Davon wird je nach Abfahrtsort die Differenz bis zur Tarifgrenze der BVG abgezogen. Kostet beispielsweise die einfache Fahrt von Lichtenberg nach Chorin 8,40 Mark, muß man mit BVG-Karte nur fünf Mark 20 zahlen.

Bleibt die Frage: Wohin soll's gehen zum Spazieren, Wandern oder Radfahren? Anregungen gibt das Buch „So weit der Fahrschein reicht; Berliner Umland ABC“ aus dem Stattbuchverlag. 134 Orte werden in alphabetischer Reihenfolge auf einer Seite zusammengefaßt vorgestellt. Soll das Ausflugsziel beispielsweise Schloß Sanssouci in Potsdam sein, schlägt man schnell nach und weiß, daß man mit dem 165er Bus fahren muß, welches die lohnendsten Ecken im Schloß sind und bekommt außerdem noch einen Extratip.

Weitere Tips bietet das Buch „Zug um Zug rund um Berlin“, verlegt und herausgegeben von Henrik Jeep. Da wird beispielsweise eine Tour mit der „Heidekrautbahn“ nach Schönwalde, Basdorf, Wandlitz, Liebenwalde oder Groß Schönebeck vorgestellt. Ein kleiner vereinfachter Fahrplanauszug klärt auch den letzten auf, wann er morgens die Hufe schwingen muß, um seinen Zug noch zu kriegen. Kurzbeschreibungen zur Umgebung und zu den einzelnen Ortschaften sollen dem Freizeitler diese Landschaft der „Schorfheide“ schmackhaft machen. Weiter östlich in die Uckermark führt eine andere Tour des Büchleins. Über Eberswalde, Chorin, wo seit 30 Jahren Sommerkonzerte im naheliegenden Kloster stattfinden, führt die Schiene nach Angermünde, dem Endpunkt dieser Bahnlinie.

Außerdem empfiehlt Jeep Tagestouren an der Spree entlang, über Karlshorst, Fürstenwalde bis hin zum Scharmützelsee. Mit der Regionalbahn R 15 geht die Reise nach Buckow in die Märkische Schweiz. Voher heißt es allerdings Umsteigen in die kleine Waldbahn durch den Naturpark. Wem der Sinn nach Burgen steht, kann der Empfehlung in den Hohen Fläming folgen. In den Südwesten Berlins geht es ab Wannsee über Beelitz-Heilstätten, wo schon Honecker residierte, nach Beelitz.

In Chorin freut man sich derweil schon auf den Besucheransturm der neuen Saison. Natürlich sei es gut, wenn in Corin jetzt durch den Besucherandrang mehrere Gaststätten und Pensionen entstehen würden, so ein Anwohner. Aber, „wenn die alle mit ihren Autos aus Berlin kommen, haben wir hier dicke Luft im Ort. Die sollen mal alle mit der Bahn fahren.“ Wem die drei Kilometer vom Bahnhof zum Kloster Chorin immer noch zu weit sind, kann sich am Bahnhof Fahrräder mieten. Jörg Welke

„Zug um Zug rund um Berlin; Tagestouren mit der Bahn in die Mark Brandenburg“ und „Mit der S-Bahn rund um Berlin; Ausflüge und Tagestouren in Berlin und Brandenburg“ (3. Auflage), Verlag Schelsky & Jeep, 16,80 DM.

„Berliner Umland-ABC; So weit der Fahrschein reicht“, von A. Besteher-Hegenbart und P. Gärtner, Stattbuchverlag, 19 DM