: Späte Debatte über das Mahnmal Neue Wache
■ Mehrheit im Bundestag billigt die längst in Angriff genommene Umgestaltung
Bonn/Berlin. Die Bundestagsfraktionen sind sich weitgehend einig über die Gestaltung der Neuen Wache als zentrale Gedenkstätte des Bundes. Das wurde gestern im Bundestag während der Debatte über einen entsprechenden Vorschlag von Bundeskanzler Kohl (CDU) deutlich. Die SPD verlangte allerdings, den Vorschlag öffentlich zu erörtern. Ein entsprechender Antrag wurde an die zuständigen Ausschüsse überwiesen. Die Umgestaltung der Neuen Wache ist indes längst in Angriff genommen worden.
Kohl unterstrich, es sei überfällig, daß die Bundesrepublik ein zentrales Mahnmal für die Toten von Kriegen und Gewalttaten erhält. Er sei überzeugt, daß die Neue Wache sich wie kein zweiter Ort als zentrale Gedenkstätte eignet, äußerte Kohl. Sie war als Gedenkstätte für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs gestaltet worden. Die für die Mahnstätte vorgesehene Kollwitz-Skulptur einer Mutter mit ihrem toten Sohn sei von großer Ausdruckskraft. Sie stelle das Wissen der Frauen um Opfer von Krieg und Gewalt dar.
Der SPD-Abgeordnete Peter Conradi begrüßte Kohls Vorschlag. Die Deutschen brauchten ein solches Mahnmal. Die Frage sei, welche geistige Haltung man ihm zugrunde lege. Es sei der Sache nicht angemessen, wenn dieses Projekt jetzt einfach im Haushaltsausschuß „auftaucht“. Vielmehr müsse die Gestaltung der Gedenkstätte öffentlich und auch im Bundestag diskutiert werden.
Der PDS-Abgeordnete Ilja Seifert sagte dagegen, es dürfe nicht nur um eine Ehrung der Toten, sondern es müsse auch um eine eindeutige Stellung zu Tätern und Opfern in der deutschen Geschichte gehen. Deshalb müßten die eingeleiteten Umbaumaßnahmen gestoppt werden.
Auch der Abgeordnete von Bündnis 90/Grüne, Konrad Weiß, kritisierte, daß der Bundestag und die Öffentlichkeit erst mit der Gedenkstätte befaßt worden seien, nachdem die Entscheidung im Haushaltsausschuß schon gefallen war. Es gebe durchaus ernst zu nehmende Bedenken gegen eine solche Gedenkstätte generell, sagte Weiß, der sich aber zugleich hinter die Konzeption stellte.
Der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen hat den breiten parteipolitischen Konsens gestern ausdrücklich begrüßt. ADN/dpa/taz
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