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Die Zwölf mit der großen Säge

Eine Studie der Umweltorganisation Friends of the Earth zeigt: Die EG ist weltweit der größte Importeur von Tropenholz  ■ Von Hermann-Josef Tenhagen

Berlin (taz) – Wenigstens den Wettkampf mit der Säge haben die Westeuropäer knapp gewonnen. Für 2,96 Milliarden ECU (rund 6 Mrd. Mark) importierte die EG im Jahr 1990 Hölzer aus den Tropen. Die Gemeinschaft war damit nach einer Studie von Friends of the Earth International der weltweit größte Tropenholzimporteur. Japan hatte im gleichen Zeitraum zwar mengenmäßig noch mehr Tropenholz eingeführt, der Wert der Importe lag aber nur bei 2,91 Milliarden ECU.

Die Zahlen, die die Umweltorganisation in einer neuen Studie „Forests Foregone" vorgelegt hat, rücken die fatale Rolle der Gemeinschaft bei der Vernichtung der tropischen Regenwälder ins Rampenlicht.

169.000 Quadratkilometer Tropenwald werden laut der Welternährungsorganisation FAO jährlich weltweit vernichtet – ein Fläche knapp halb so groß wie das vereinigte Deutschland. Während aber Japan als größter Einzelverbraucher von Tropenholz sich immer kritischere Fragen gefallen lassen muß, segelten EG-Staaten wie die Bundesrepublik (Import: 800 Millionen Mark), Frankreich (900 Millionen Mark) und Großbritannien (deutlich über eine Milliarde Mark) bislang international im japanischen Windschatten dahin.

Friends of the Earth fordert von den Ländern der Gemeinschaft jetzt schärfere Importrestriktionen für Tropenholz, eine bessere Kontrolle der europäischen Importe und bindende Verhaltensvorschriften für EG-Firmen, die in südlichen Ländern an der Abholzung von Mahagony, Azobe`und Sapele beteiligt sind.

Die Armut ist nicht schuld

Die Fakten, die Tim Rice und Simon Counsell für die Umweltorganisation zusammengetragen haben, sind eindrucksvoll. 333.111 Kubikmeter Stammholz und 609.000 Tonnen Sägeholz hat beispielsweise die Bundesrepublik 1990 nach ihren Zahlen importiert. Was noch wichtiger ist als die Zahlen: Die Studie bereitet dem Mythos ein Ende, daß die Abholzung durch westliche Konzerne den Tropenwäldern gar nicht so sehr schade und es vielmehr an der Armut in der Dritten Welt liege, daß dort dem Tropenwald der Garaus droht.

Eine großangelegte britische Untersuchung in 53 Tropenländern hat für die Ökologen den Beweis geliefert: Je mehr Tropenholz für den Export geschlagen wird, desto schneller verschwindet in den entsprechenden Ländern der tropische Regenwald. Erst nach der Abholzung folgen die illegalen Siedler. An der Elfenbeinküste werden 90 Prozent der ausgeschlachteten Tropenwälder dann schließlich ganz abgebrannt.

Hintergrund der Forderungen nach schärferen Kontrollen der Tropenholzimporte sind Berichte, nach denen die afrikanischen Staaten, in denen Holz geschlagen wird, von den europäischen Tropenholzhändlern massiv betrogen werden. Allein dem ghanaischen Finanzminister seien durch illegale Praktiken rund 90 Millionen Mark an Konzessionseinnahmen entgangen, so Friends of the Earth. Auch die International Trade and Timber Organisation (ITTO), ein Zusammenschluß der Tropenholz exportierenden und importierenden Länder, räumt inzwischen ein, daß beim Tropenholzhandel nicht alles mit rechten Dingen zugeht. Nur ein Beispiel:

Die EG hat 1989 nach eigenen Angaben für rund 320 Millionen Mark Tropenholz aus Liberia importiert, Liberia will aber nur für 160 Millionen Mark exportiert haben. Betrogen ist der Exporteur, der keine Abgaben und Zölle für die Ausfuhren kassiert. „Deutliche Verbesserungen“ müßten beim Monitoring, der Kontolle der Handelszahlen, erreicht werden, so ITTO selbstkritisch.

EG-Holzfäller in Afrika

Die EG importiert aus Afrika vor allem ganze Stämme und Holz direkt aus dem Sägewerk. Auf dem Kontinent konzentrieren sich inzwischen auch die Aktivitäten der europäischen Holzhändler und Holzverarbeiter. Die Abholzung der tropischen Regenwälder hat sich dabei von Westafrika, wo die tropischen Urwälder fast verschwunden sind, nach Zentralafrika verlagert. 68 Prozent der von der EG importierten Stämme stammten 1990 aus Zaire, Kamerun, Kongo und den umliegenden Ländern. Der Trend verstärkt sich noch, weil der frühere Markt der Zentralafrikaner in Osteuropa zusammengebrochen ist.

Viele Konsumenten, auch deutsche, niederländische und britische Kommunen verzichten zwar inzwischen immer mehr auf die Verwendung von Tropenholz – die EG dagegen fördert die Zerstörung des Regenwaldes weiter. Sie finanziert, angebunden an Weltbank und IWF, die vorgeschriebenen Strukturanpassungsprogramme – und damit indirekt auch den Tropenholzhandel. Die absehbaren Folgen der Privatisierung und des zunehmenden Einflusses der Holz- Multis, so die Ökologen, sei die „rücksichtslose Ausbeutung und der Mißbrauch der Wald-Reserven“. Doch die Abholzung wird auch direkt subventioniert: Viele EG-Staaten wie beispielsweise Italien finanzieren aus ihrem Entwicklungshilfeetat Straßenbauprojekte, die lediglich dem Schlagen von Tropenholz durch heimische Firmen dienen.

Auch deutsche Unternehmen, wie Danzer oder Feldmeyer, verfügen in Zentralafrika über große Konzessionen. Feldmeyer etwa sicherte sich im Kongo ein Gebiet von 4.800 Quadratkilometern (fünfmal so groß wie München) zur Abholzung. Der weltweit größte Furnierhersteller Danzer (Umsatz 1992: 625 Millionen Mark) hat nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr zwar ein Werk in Kamerun abgestoßen, ist aber weiterhin in Zaire und an der Elfenbeinküste präsent. In Zaire ist Danzer mit 70 Prozent an Afrikas größtem Holzfäller Siforzal beteiligt. Das Unternehmen verfügt über Konzessionen, um mindestens 18.000 Quadratkilometer Tropenwald zu nutzen.

Nach 200 Seiten Daten und Fakten urteilen Rice und Counsell ganz nüchtern: „Es sind die Regierungen der EG-Mitgliedsstaaten und Privatunternehmen, die von den Tropenholzhandel profitieren, nicht die exportierenden Staaten.“ Da hilft es nur wenig, daß das EG- Parlament seit 1987 mit schöner Regelmäßigkeit Entschließungen verabschiedet, die eine strengere Regelung des Tropenholzimports fordern.

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