: Streik der Metaller im Osten vor dem Ende
■ Sachsens Metaller stimmen in der Urabstimmung für Streikende / Einigungen in drei Ländern nach Dresdner Vorbild / Stahlkocher weiter im Ausstand
Berlin (dpa/AFP/AP) – Nach rund zwei Wochen steht der Arbeitskampf in der ostdeutschen Metallindustrie vor seinem Ende. In Sachsen nahmen die Metaller in der Urabstimmung die Verhandlungslösung an. 77,66 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder sprachen sich für ein Ende des Streiks und die Annahme des Tarifkompromisses aus. Der Streik ist damit mit der heutigen Frühschicht beendet.
Nach Sachsen-Anhalt haben sich auch die Tarifpartner in Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen auf eine weitgehende Übernahme des sächsischen Kompromisses vom Freitag geeinigt. Nur für den Tarifbezirk Ostberlin/ Brandenburg wurde bisher keine Einigung erzielt. Grund dafür war nach Angaben beider Seiten die Forderung der IG Metall nach einer schnelleren Lohnangleichung als bis Mitte 1996 wegen der räumlichen Nähe zu Westberlin. Nach stundenlanger Unterbrechung setzten sich die Parteien am späten Dienstag nachmittag erneut an den Verhandlungstisch. In Sachsen- Anhalt waren die Beschäftigten gestern zur Urabstimmung über die Annahme der Einigung aufgerufen.
Dagegen ging der Arbeitskampf der ostdeutschen Stahlarbeiter gestern weiter. Auch am 16. Streiktag – rund 9.000 Stahlkocher waren erneut im Ausstand – zeichnete sich keine Lösung im Tarifkonflikt ab. Es gab keine Anzeichen für eine Annäherung zwischen Arbeitgebern und IG Metall, nachdem die Stahl-Verhandlungen am Wochenende gescheitert waren. Die Arbeitgeber hatten die Gespräche zunächst gestern vormittag abgebrochen, weil die IG Metall die vollständige Angleichung der Löhne in Berlin-Brandenburg bereits für 1995 forderte.
Ein Sprecher des Arbeitgeberverbandes Stahl sagte in Düsseldorf, wenn der Arbeitskampf noch länger dauere, seien die Arbeitgeber nicht mehr bereit, den sächsischen Stufentarifplan zu übernehmen. Gerade die für 1993 vorgesehenen Lohnerhöhungen würden für die Stahlindustrie „sehr teuer“. Die IG Metall hatte die Übernahme des sächsischen Kompromisses unter Hinweis auf eine immer weiter auseinanderklaffende Schere zwischen den Einkommen in der Metall- und der Stahlbranche abgelehnt.
Der sächsische Kompromiß sieht eine Lohnerhöhung von 26 auf 80 Prozent des Westniveaus bis Ende dieses Jahres vor. Die volle Angleichung soll bis Mitte 1996 folgen.
Außerdem soll eine Härteklausel wirtschaftlich schwachen Unternehmen erlauben, von den vereinbarten Zuwächsen abzuweichen – allerdings nur mit Genehmigung beider Tarifpartner.
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