: Kapital international
■ betr.: "Geld aus der Kartoffelkiste" von Klaus-Peter Klingelschmitt, taz vom 15.5.93
betr.: „Geld aus der Kartoffelkiste“ von Klaus-Peter Klingelschmitt, taz vom 15.5.93
Das Geld ins Ausland zu schaffen hat mit „Geld hüten“ überhaupt nichts zu tun. Es hört sich fast so an, als würden die Millionäre durch die Zinsbesteuerung ärmer. Selbst bei einer 30%-Zinsbesteuerung in Deutschland würde ein Millionär noch rund 25.000 DM im Jahr kassieren, als leistungsloses Einkommen. Bei einer halben Million Millionäre im Jahr 2000 kann man mal nachrechnen: mindestens zweistellige Milliardenbeträge.
Mich erschüttert, daß im ganzen Artikel nicht einmal gefragt wird, wo dieses Geld eigentlich herkommt, wer es eigentlich erwirtschaftet. Schwach für eine „alternative Zeitung“. Dagegen nur die marxistische Plattheit: „Kapital“ ist international“. Ist ja richtig, reicht nur als Erklärung bei weitem nicht aus!
Gerade eine europaweite Zinsertragsabschöpfung ist ein grundsätzlich richtiger Weg, nur viel zu kurz gegriffen. Solange durch die festen Wechselkurse im EWS bei Kapitalflucht riesige Spekulationsgewinne möglich sind, weil dieses System viel zu träge reagiert, kann der Schaden gar nicht abgewendet werden. Freie Wechselkurse, die bei Kapitalflucht schnell Abwertungen und damit Absatz und Investitionen ermöglichen, sind da richtig. Entscheidend aber ist, daß das Währungsmonopol der Banken gebrochen wird, damit durch inflations- und zinsfreie Währungen die Grundlagen der heutigen umweltzerstörerischen und unsozialen Wachstumsgesellschaft beseitigt werden können.
Wer angesichts von Erbschafts- und Zinsertragssteuer von einer „Geldgier“ des Fiskus spricht, daneben aber nicht bemerkt, daß öffentliche Haushalte so hoch wie nie verschuldet sind (natürlich auch, weil für Falsches ausgegeben wurde und wird), damit der Kapitaldienst die Handlungsspielräume zum Beispiel auf kommunaler Ebene immer mehr einengt, macht sich zum Sprachrohr derjenigen Reichen, die letztendlich auf Kosten der Sozialhilfeempfänger, Arbeitslosen, Obdachlosen und der Verelendeten in der Dritten Welt leben. Michael Rost, Magdeburg
Die Grünen Sachsen-Anhalt
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