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Nie mehr krankfeiern

■ Lohnfortzahlung soll pro Krankheit für zwei Tage entfallen / FDP stimmt trotz verfassungsrechtlicher Bedenken zu

Bonn/Berlin (AP/AFP/taz) – FDP und CDU haben bei der Finanzierung der Pflegeversicherung einen Kompromiß gefunden. Die FDP hat das Angebot der CDU vom Sonntag abend akzeptiert, die Lohnfortzahlung bei jedem Krankheitsfall für zwei Tage auszusetzen. Zwei solcher Karenztage reichen nach Ansicht der FDP aus, um den Anteil der Arbeitgeber an der Pflegeversicherung zu kompensieren. Das Arbeitsministerium war dagegen davon ausgegangen, daß bereits ein Karenztag für den Ausgleich reicht.

Wie FDP-Chef Otto Graf Lambsdorff nach einer FDP-Präsidiumssitzung am Montag berichtete, sollen noch in dieser Woche die Experten der Fraktionen über Einzelheiten beraten. Es müßten noch eine Menge technischer Details geklärt werden. Dazu gehöre die Frage, ob die Versicherung stufenweise eingeführt wird. Auch sei noch nicht entschieden, ob die Karenztage mit Urlaub verrechnet werden können und ob eine Obergrenze eingeführt wird. Nach den bisherigen Vorstellungen der CDU soll jeder Arbeitnehmer mit maximal drei Karenztagen im Jahr belastet werden.

Der stellvertretende CDU/ CSU-Fraktionschef Heiner Geißler verlangte, es müsse möglich sein, statt eines unbezahlten Krankheitstages auch einen Tag Urlaub zu nehmen. Auch müsse bei Arbeitsunfällen, Schwangerschaft und einer Einweisung in ein Krankenhaus auf den Karenztag verzichtet werden. Lambsdorff betonte, die Eingriffe in die Lohnfortzahlung müßten auch für Beamte gelten. Er bekräftigte seine verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Experten der Koalition müßten das Gesetz jetzt verfassungsrechtlich „ganz wasserdicht“ machen. Dies solle noch vor Pfingsten geschehen. Die Fachleute seien sich einig, daß durch ein „Lohnfortzahlungsgesetz“ auch in bestehende Tarifverträge eingegriffen werden könne, hieß es weiter. Aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichtes müsse der Bereich der Entgeldfortzahlung neu geregelt werden. Im Zuge einer umfassenden gesetzlichen Neuregelung könne auch in geltende Tarifverträge eingegriffen werden. Heiner Geißler hatte in der vergangenen Woche dazu erklärt, die Neuregelung dürfe allerdings nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Pflegeversicherung stehen.

Die SPD ist nach wie vor „strikt dagegen“, daß die Kosten einer Pflegeversicherung ausschließlich von den Arbeitnehmern bezahlt werden, so Ottmar Schreiner.

Der Vorsitzende der Christlich- Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Ulf Fink, lehnte Karenztage ebenfalls ab. Der Sprecher von Bündnis 90/Grüne, Ludger Volmer, bezeichnete Eingriffe in die Lohnfortzahlung als „eindeutig verfassungswidrig“. Der DGB hat massiven Widerstand gegen die Karenztage angekündigt.

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