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Weniger Geld für Kinder- und Jugendschutzprojekte

■ Angebote für sexuell mißbrauchte Kinder werden eingeschränkt

Es ist die ewig gleiche und doch immer wieder neue Geschichte. Soziale Projekte, die Jahr für Jahr beim Senat Haushaltsmittel beantragen müssen und im wesentlichen auf ABM-Basis arbeiten, geraten durch die akuten Geldschwierigkeiten der Stadt in existenzbedrohende Krisen.

Die neueste Hiobsnachricht: Die Zuschüsse für alle renommierten Ost-und Westberliner Kinder- und Jugendschutzprojekte, die den Opfern sexueller und familiärer Gewalt beistehen, sind auf den Stand von 1991/92 eingefroren worden.

Gleichzeitig steigen aber die Mieten und Sachkosten und vor allem die Nachfrage nach ambulanter psychologischer und therapeutischer Betreuung.

Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz des Kinderschutz-Zentrums, Kind im Zentrum, Mädchenhaus, NEUland, PAPATYA und Wildwasser rechneten gestern die MitarbeiterInnen vor, was dieses im einzelnen für die Krisenhilfsprojekte bedeutet.

Beispiel Kinderschutz-Zentrum e.V.: Laut Zuwendungsbescheid des Senats bekommt das seit 15 Jahren arbeitende Projekt in diesem Haushaltsjahr 1,7 Millionen Mark. Das klingt viel, bedeutet aber, daß ab sofort bei gleichbleibendem Personalstand eine Deckungslücke von 151.000 Mark entsteht.

In der Konsequenz heißt das für Sprecher Peter Hutz: Zwei Stellen müssen eingespart werden, das Krisen- und Beratungsangebot kann nicht im erforderlichen Umfang aufrechterhalten werden, Hilfskapazitäten für Kinder und Familien in gewaltsamen Krisensituationen müssen eingeschränkt werden.

Gleichzeitig steige aber die Zahl der Kindesmißhandlungen in Berlin und dem Umland. Mit einem 80.000-Mark-Defizit für 1993 rechnet auch das Projekt „Kind im Zentrum“, das vor einem Jahr das erste Beratungsbüro bei familiärem sexuellen Mißbrauch in Ostberlin einrichtete.

Bereits „dramatisch eng“ sei die Finanzsituation bei der Arbeitsgemeinschaft Wildwasser e.V., berichtete Dorothea Zimmermann. In der seit zwei Jahren existierenden Zufluchtswohnung für sexuell mißbrauchte Mädchen bestehe seit Anfang März ein Aufnahmestopp, da die Rundumbetreuung durch sechs Mitarbeiterinnen nicht mehr zu leisten ist.

Die zwei bisher existierenden ABM-Stellen werden im August auslaufen. Im Juli soll der Verein im Auftrag der Jugendsenatsverwaltung in Berlin-Mitte eine weitere Beratungsstelle eröffnen, aber die dafür notwendigen sechs Stellen habe der Senat auf zwei zusammengekürzt. „Wie wir jetzt die Arbeitsstelle leiten sollen, wissen wir nicht“, sagte Dorothea Zimmermann.

Akut gefährdet sei auch „PAPATYA“, die bundesweit erste Kriseneinrichtung für Mädchen aus der Türkei, meinte Gabriele Drewes-Krüger. Von den bisher existierenden 6,5 Stellen seien anderthalb nicht mehr zu finanzieren. aku

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