: Gütt, reichlich gönnerhaft
■ Wiedergewählter HSB-Chef hat auch für Gegnerinnen immer ein herzliches Wort
hat auch für
Gegnerinnen immer ein herzliches Wort
Ja. Da steht er nun. Draußen hört man Pfiffe und Trommeln der lesbischen Demonstrantinnen. Da entschuldigt er sich erst einmal. Bei seinen Gästen. Dafür, daß sie die Polizeikontrollen hinnehmen mußten. Begrüßt sie, wie ein Hausherr am Kamin. Wohnzimmeratmosphäre. Ja, auch sie, Frau Bussek, sei herzlich gegrüßt, ehrlichen Herzens. Obwohl sie ja in der taz gesagt hat, der HSB sei ein Klub alter Männer. „Wie soll sich denn da dieses 25jährige Mädchen auf dem Podium fühlen, Frau Bussek?“
Das „Mädchen“ lächelt verlegen. Die GAL-Politikerin auch („die Kritik war positiv gemeint, Herr Gütt“). Einleitende Worte des Präsidenten, andere werden gegrüßt, der Innensenator, der FDP-Abgeordnete, der kurz da war, dann aber auf Wahlkampftour mußte. Abwesende werden entschuldigt, ihr Krankheitsstand referiert. Augenoperation und so, Ehefrau hat die gleiche Operation gut überstanden, „das ärgert ihn natürlich“. Und interessiert die traute Gemeinschaft der HSB-Funktionäre. (Ein Boulevardjournalist: „Sportfunktionäre sind Volltrottel. Das weiß man doch.“) Trotzdem von diesem Abend Diskussionskultur erwarten? Ihn ernst nehmen, drüber reportieren. Oder ist das einfach zu billig?
„Besonders“ freut Friedel Gütt, daß der Chef des Fachbereichs Sportwissenschaft da ist, der sich auch bei ihm „persönlich“ dafür entschuldigt hat, daß Sportstudentinnen die Zitate veröffentlichten.
„Wir haben heute ein Thema“, das haben die Delegierten schon gemerkt. Erleichterung: der Tagesordnungspunkt Bericht und Wahl des Präsidenten wird vorgezogen. Enttäuschung: nach einer kurzen Ansprache des Präsidenten und einer Replik der Frauenausschuß- Vorsitzenden Renate Buchholz ist alles vorbei. Stille im Saal. Keiner will das Wort ergreifen. Dann doch. Daß Frau Buchholz vor vier Wochen im Hauptausschuß verschwiegen habe, daß sie im Radio den Rücktritt des Präsidenten gefordert hat, das findet der Mann vom Arbeiterwassersportverein nicht korrekt. Wir haben an diesem Abend ein Thema. Es heißt nicht Gütt, es heißt Buchholz. Schlagabtausch. Ein junger Mann
1aus Eilbek tritt ans Mikro. Es sei falsch zu sagen, daß das Gütt-Zitat ein Ausrutscher war. Er zitiert Bemerkungen, die Gütt bei der letzten Breitensportkonferenz vom Stapel gelassen hat. Anwesende, die damals dabei waren, sollten bitte aufstehen und das bestätigen. Keiner steht auf. (Ein Insider: „Wenn man sich da artikuliert, ist das hart an der Grenze zum persönlichen Selbstmord. Der muß um Zuschüsse für seinen Verein fürchten.“) Eine Dame aus Alstertal meldet sich: „Es ist schwer, als Frau das richtige zum richtigen Zeitpunkt zu sagen. Man hat nämlich Angst.“ Sie verteidigt nicht
1Gütt, sie verteidigt Buchholz.
Andere Männer ergreifen das Wort, nennen Name, Verband und Zahl der Stimmen. Fordern, daß man „denen die rote Karte zeigt“, die den Präsidenten öffentlich bloßstellten. Zwei Rudersportlerinnen — ohne Stimmrecht, incognito dabei — rechnen ängstlich mit. Könnte es sein, daß die Buchholz ihre Wiederwahl nicht besteht. Oder wäre das nicht vielleicht sogar ganz gut. Daß die HSB-Frauen dann aus Protest alle austreten?
Friedel Gütt, seine Wiederwahl so gut wie in der Tasche, wittert die Gefahr, stellt sich ans Podium, nimmt seine Kontrahentin gönner-
1haft in Schutz: „Ich möchte euch bitten, sie wieder zu wählen.“ Er könne beurteilen, „unter welchem Druck sie gestanden hat“.
Beide, Gütt wie Buchholz, werden nach einigem Gezeter in geheimer Abstimmung gewählt. Und während die eigentliche Haushaltsdebatte beginnt — ein Buchhalter- Typ aus Bergedorf fordert die Umschichtung der Mittel vom HSB- Wasserkopf an die Basis —, wird gezählt. Friedel Gütt bekommt 528 Gegenstimmen, Renate Buchholz mit 1141 Nein-Stimmen den größeren Denkzettel verpaßt. Kaija Kutter
Siehe auch Bericht Seite 4
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