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"Skandalöse Morallehre"

■ Schwule Katholen in den Untergrund: Tendenzbetrieb Kirche tendenziell diskriminierend

“Skandalöse Morallehre“

Schwule Katholen in den Untergrund gezwungen

Das Arbeitsgericht Lörrach hat die Kündigung eines Angestellten für rechtswidrig erklärt, der aufgrund seiner Homosexualität aus einem katholischen Pflegeheim entlassen worden war. Die taz befragte Bernd Möllers, Leiter des Bildungswerks der Katholiken in Bremen:

taz: Könnte es zu einem solchen Urteil auch in Bremen kommen?

Bernd Möllers: Ich kenne das Urteil aus Lörrach nicht, aber eines klar: die kirchliche Lehre verwirft homosexuelle Beziehungen und demnach ist es, in dem Moment , wo das bekannt wird, vom kirchlichen Verständnis her möglich, einem Mitarbeiter zu kündigen.

Das heißt, wenn in einem kirchlichen Kindergarten oder Krankenhaus jemand arbeitet, der homosexuell ist, hat die Kirche die Möglichkeit, ihm zu kündigen?

Nein, von ihrem eigenen Verständnis her nicht aufgrund der Tatsache, daß er homosexuell ist. Die Kirche unterscheidet zwischen homosexueller Neigung und homosexuellen Praktiken. In dem Moment, wo eine homosexuelle Beziehung öffentlich würde, wäre nach kirchlichem Verständnis die Möglichkeit gegeben, einem Mitarbeiter zu kündigen.

Verhindert das nicht ein offenes Umgehen in der Kirche und am Arbeitsplatz?

Ja, eindeutig. Natürlich wird derjenige Mitarbeiter versuchen, seine Beziehung zu verheimlichen, weil er die Rechtslage kennt. Mit all den Folgen, die das für diese Beziehung, ihn psychisch, aber auch für sein Verhältnis zur Kirche hat.

Man muß ja davon ausgehen, daß es im kirchlichen Dienst homosexuelle Menschen gibt. Ist es nicht eine unerträgliche Situation für diejenigen in der katholischen Kirche, sich zeitlebens zu verstecken, aus Angst, ihren Arbeitsplatz zu verlieren?

Ja. Ich finde das unerträglich. Wir möchen, daß über diese Fragen eine offene Diskussion in der Kirche geführt wird. Es gibt sehr, sehr viele Menschen in kirchlichen Einrichtungen, die wirklich ein Leben lang darunter leiden. Und das hat für meine Begriffe mit Kirche und befreiender Botschaft nicht mehr viel zu tun.

Es heißt in dem Urteil ja auch, die katholische Morallehre verstoße in diesem Punkt gegen die guten Sitten und die Verfassung der Bundesrepublik.

Mit der Verfassung bin ich nicht so sicher. Ich kann persönlich sagen, daß ich es für skandalös halte, daß die katholische Kirche mit ihrer Morallehre Menschen in einer solchen Weise diskriminiert. Daran ändert auch die Tatsache nichts, daß die katholische Kirche sagt, wir müssen aber alles tun, um Homosexuelle kirchlich zu integrieren.

Wie kommt es zu dieser Trennung zwischen kirchlichem und normalem Arbeitsrecht?

Die Kirche ist laut Bundesverfassungsgericht ein Tendenzbetrieb, der auch Tendenzschutz erfährt. Sie hat das Recht, das Verhältnis zu ihren Arbeitnehmern selbständig zu regeln. Damit kann sie jemanden, der gegen ihre Grundsätze verstößt, entlassen. Und dann sagt ein Arbeitsgericht: das fällt unter die Tendenzschutzklausel, damit ist das Arbeitsgericht außen vor.

Und wenn die Kirche Homosexuelle diskriminiert gilt das Gleiche?

Das ist jetzt eine Bewertung, die müßte ich so zurückweisen, denn die Kirche sagt, wir diskriminiern Homosexuelle nicht. Wir akzeptieren, daß es Menschen mit dieser Neigung gibt, da diese Ausrichtung aber nicht der Schöpfungsordnung entspricht, ist es zumindest jemandem untersagt, dann diese Homosexualität zu leben. Ich referiere das jetzt nur. Ich kann damit auch nicht sehr viel anfangen, weil man sicherlich sagen kann, das ist dann doch eine Diskriminierung. Aber wenn Sie das einem Vertreter der kirchlichen Instanzen vorlegen, dann wird er sagen: „Das ist für mich keine Diskriminierung.“

Interview: Bernhard Pötter

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