Kriegsverhinderung - kein Fall für Generäle!

■ betr.: "Interventionen sind fast immer gescheitert", taz vom 22.5.93

betr.: „Interventionen sind fast immer gescheitert“,

taz vom 22.5.93

Die Einsicht von Herrn Schmückle, daß Interventionen statt der erwünschten Wunderwirkungen zumeist furchtbare und für diejenigen, zu deren Gunsten sie ins Werk gesetzt wurden, fatale Folgen hatten, ist so überraschend nicht. Was mich aber äußerst wundert, ist die Behauptung, daß „Kriegsverhinderung die moderne, entscheidendere Aufgabe von Streitkräften“ sei. Wie, bitte, sind Militärs für diese Aufgaben qualifiziert? Wo, bitte, sind die historischen Beispiele für eine militärische Konfliktvorbeugung, die nachhaltig den Frieden bewahren konnte? Ich sehe die Möglichkeiten und Qualifikationen dazu beim Militär am allerwenigsten!

Wenn Schmückle später von der sozusagen außenpolitisch multipotenten Euroarmee schwärmt, die die Politiker zur Einigung in ihrer Position zum Krieg in Jugoslawien zwingen könne, sehe ich meine ärgsten Befürchtungen für die deutsche/europäische Außenpolitik bestätigt: Sie wird einfach durch Militäromnipotenz überflüssig gemacht! Wenn Staaten(-gemeinschaften) in einem Konflikt ein „Gewicht von Rang“ einbringen, kann das laut Schmückle nur militärisch sein.

Ich wünsche mir deutsche Außenpolitiker, die sich diesem Diktat des Militarismus nicht beugen, und europäische, die den winzigen Teil deutscher Außenpolitik, den es neben dem Neomilitarismus gibt, zu einer gewaltfreien kooperativen Politik nutzen: einer Politik und Wirtschaftspolitik, die konfliktpräventiv und ohne Rückgriff auf Gewalt agieren kann/lernt.

Der Bund für Soziale Verteidigung und andere Organisationen der Friedensbewegung engagieren sich seit mehr als zwei Jahren in Kooperation mit den Antikriegsgruppen aller Teile des ehemaligen Jugoslawien für Hilfe und die Verständigung der „verfeindeten Gruppen“ untereinander. Ein multinationales Bündnis von Friedensgruppen lotet zur Zeit Möglichkeiten gewaltfreier präventiver Konfliktbearbeitung im Kosovo aus.

Ich fordere die Bundesregierung auf, endlich Zeit, Kraft und Geld, die sie jetzt in Erklärungen über / die Vorbereitung für eine Kriseninterventionsmacht des Militärs steckt, in solche – im Fall Kosovo vielleicht noch kriegsverhindernde – Maßnahmen zu investieren, deren Weg eine politische Bearbeitung von Konflikten ist und deren Ergebnis ein nachhaltiger Friede sein kann. Das wäre endlich Außenpolitik, die diesen Namen verdient, und nicht Verlegenheitsmilitarismus alter Prägung. Anne Dietrich,

Vorstandsmitglied im Bund für

Soziale Verteidigung, Koblenz