: Lesbengefahr in Hamburg gebannt
■ Homosexuellenfeindlicher Sportpräsident wiedergewählt / Kritische Sportfrau erhält schlechtes Wahlergebnis
Hamburg (taz) – Jeder Verband hat den Präsidenten, den er verdient. Der Hamburger Sportbund (HSB) hat am Dienstag abend den wegen seiner homosexuellenfeindlichen Äußerungen umstrittenen Präsidenten Friedel Gütt mit großer Mehrheit wiedergewählt.
Einzig spannende Frage des ansonsten sehr bierseligen Abends im Hamburger „Haus des Sports“: Traut sich einer der 400 Delegierten, eine geheime Wahl zu beantragen? Denn eigentlich wird der seit 1983 amtierende HSB-Chef alle zwei Jahre qua Akklamation bestätigt.
Doch dazu reichte es diesmal nicht aus. Hatten doch die lockeren Sprüche des Staatsrats a.D. bundesweit Empörung und Verwunderung ausgelöst. Die diesjährige Mitgliederversammlung konnte nur unter starkem Polizeischutz stattfinden, draußen vor der Tür forderten 500 Demonstranten den Rücktritt des Präsidenten. Gütt hatte in einem Interview über die 2. Hamburger Frauen- und Mädchensportwoche Ende Januar unter anderem gesagt, man dürfe den Sport nicht „mit etwas behängen, das abschreckt. Ausländer, Lesben, was auch immer.“ Auch in späteren Gesprächen hatte der 60jährige seine Ansichten wiederholt: „Man darf Frauen nicht in Gefahr bringen, daß sie Lesben zu sehen kriegen.“
Kernpunkt der Auseinandersetzung, das wurde auch am Dienstag abend wieder deutlich, ist die Tatsache, daß die überwiegend männlichen Funktionäre des knapp eine halbe Million Mitglieder fassenden Dachverbandes die offene Erscheinung weiblicher Homosexualität nicht dulden wollen. So wurde denn auch die Legende, es handle sich nur um „ein aus dem Zusammenhang gerissenes Zitat“, welches die sportpolitische Linie des Präsidenten nicht repräsentiere, durch Friedel Gütt selbst wiederlegt. Gütt: „Ich fordere den Frauenausschuß auf, daß er sich auch um die Mehrheiten im Sport bemüht.“ Und weiter: „Wir wissen alle, was auf der 2. Frauensportwoche passiert ist.“
Bewunderung gebührt denn auch der Vorsitzenden des besagten Frauenausschusses, Renate Buchholz, die in einer tapferen Ansprache Tacheles redete: „Auf dem Abschlußfest der zweiten Frauensportwoche haben einige lesbische Pärchen zu später Stunde herumgeknutscht. Das mag ungewohnt sein. Ansteckend ist es aber nicht.“ Es könne nicht angehen, daß die HSB-Frauen deshalb künftig bei der Planung dieser Veranstaltung „total gegängelt“ werden. Die 43jährige erhielt prompt die Quittung: Während Friedel Gütt mit 2.662 von 3.300 Stimmen relativ sicher durch die Ziellinie kam, mußte Renate Buchholz bei ihrer Wiederwahl über elfhundert Gegenstimmen schlucken. Kaija Kutter
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