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Amigo Max nimmt seinen Hut

■ Der bayerische Ministerpräsident Max Streibl erklärt vor der CSU-Fraktion seinen Rücktritt / Er hätte gern weitergemacht / Stoiber mit großer Mehrheit zum Nachfolger nominiert

München (AFP/AP/taz) – Der bayerische Ministerpräsident und Vielflieger Max Streibl hat gestern vor der CSU-Landtagsfraktion seinen Rücktritt erklärt. In einer zehnminütigen Rede bedankte sich der 61jährige für die langjährige Zusammenarbeit mit den anderen CSU-Abgeordneten, besonders aber bei jenen, die ihm in den vergangenen Wochen „offen ihre Meinung gesagt“ hätten. Streibl unterstrich, daß er nicht wegen der sogenanten Amigo-Affäre zurücktrete, sondern weil er „der Partei nicht im Wege stehen“ wolle. Er habe das Gefühl, daß die CSU nicht mehr glaube, mit ihm als Spitzenkandidaten in den Landtagswahlen 1994 die absolute Mehrheit halten zu können.

Anschließend wurde mit großer Mehrheit der bisherige Innenminister und stellvertretende CSU- Chef Edmund Stoiber von der CSU-Fraktion zum Nachfolgekandidaten nominiert. Der 51jährige erhielt 118 von 124 Stimmen. Vier Stimmen waren ungültig, zwei Abgeordnete stimmten gegen ihn. Stoiber hatte zuvor erklärt, er rechne mit einem „zufriedenstellenden Ergebnis“. „Es gibt sicherlich Leute, die mit mir nicht einverstanden sind“, sagte er. Insofern wäre es auch eine „innerparteilich ganz normale Sache“, wenn er nicht einstimmig nominiert werden sollte. Der bayerische Umweltminister Peter Gauweiler äußerte die vergebliche Hoffnung, daß das Ergebnis einstimmig ausfallen werde. „Wir haben alle ein Interesse daran, daß die CSU nach dem ganzen Theater jetzt einen guten Eindruck macht.“ Wer jetzt meine, aus der Dunkelheit heraus noch „kleine Hirnbatzl“ austeilen zu müssen, schade nicht nur der Partei, sondern sich selbst.

in einer Fernsehansprache ließ Streibl erkennen, daß er gerne weiter an der Spitze des Freistaats geblieben wäre. Gleichzeitig sprach er von Angriffen gegen seine Person „von allen Seiten“ und bezeichnete den Rücktritt als notwendig, um das Amt des bayerischen Ministerpräsidenten nicht weiter zu beschädigen. „Mir wäre nicht bang, mit der tüchtigen bayerischen Bevölkerung auch die künftig anstehenden Aufgaben zu bewältigen. Aber die Kampagnen der letzten Zeit, die Angriffe, die von allen Seiten geführt wurden, schaden dem Amt des Ministerpräsidenten.“ Streibl schloß seine Ansprache mit der ersten Zeile der Bayernhymne: „Gott mit dir, du Land der Bayern.“

Heute hält Streibl vor dem Landtagsplenum seine Abschiedsrede, einen Tag später folgt die Wahl und Vereidigung Stoibers zum neuen Regierungschef. Mit seinem Verzicht beendete Streibl die monatelange Hängepartie in der CSU um seinen Rücktritt und den künftigen Spitzenkandidaten für das Mammutwahljahr 1994. Seit Januar war Streibl immer neuen Enthüllungen zur sogenannten Amigo-Affäre ausgesetzt, bei der es um fragliche Verquickungen zwischen Privat- und Amtsinteressen ging. Doch schon vorher war er wegen zahlreicher Ausrutscher und „Profillosigkeit“ umstritten.

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