Soundcheck

■ Leonard Cohen / Fred Frith

SOUNDCHECK

Gehört: Leonard Cohen. „Thank you for inviting us to sing in this beautiful park“, charmant, dezent, ja geradezu bescheiden dankte Leonard Cohen seiner „fresh audience“ gleich zu Beginn seines Konzertes am Mittwoch abend im Stadtpark. Unterm Zeltdach der Konzertmuschel und im Kreise seiner sechsköpfigen Combo sang der Lyriker und Romancier in unauffäligem Schwarz seine Lieder aus alten Tagen und aus dem neuen Album The Future, und wer es noch nicht weiß, Mr. Cohen klärt auf: „I've seen the future, it is murder.“ Obwohl die Witterung trocken blieb, war die Stimmung im gut gefüllten Rund etwas klamm, was zur Barmusik unter freiem Himmel gar nicht schlecht paßte. Für spontane Verbrüderungen sind die Freunde des Cohenschen Liedgutes zu unterschiedlich: ergraute Lehrerehepaare kurz vorm Pensionsalter, Teenies, lernwillige Männer mit langen Zöpfen von 16 bis 66, Nagelstudiobesitzerin mit hochtoupiertem Putz, bunt alternativ-uniformierte Schwermütige, Designer- Gestylte, Birkenstock-Sandalen-Typen aller Altersklassen, junge und alte Paare, und letztere eben auch noch mit Schnäbeln und anderem romantischen Schabernack befaßt.

So lehnte man aneinander, wenn der 59jährige Kanadier in seinem alten Song den Krieg zwischen Arm und Reich und Männern und Frauen besang; oder wenn er auf seinem neuen Song Miracle ernst rezitierend einstimmte: „Baby, let's get married, let's do something absolutely wrong, for we're waiting for a

1miracle to come...“ Cohen holte mit seinen beständig einfachen Melodien und von Untiefen schillernden Versen seine Fans dort ab, wo sie gerade standen und nahm sie mit in seine schwarzgalligen Wunderwelten, weckte Sehnsüchte und versüßte bittere Erkenntnisse mit plinkernden Keyboardklängen und melancholischer Ironie.

Die „goldene Stimme“ aus Montreal hat nichts von ihrem kultivierten, rauhen Sex-Appeal verloren. „I'm Your Man“ hauchte er sein Versprechen ins Mikro, das Wörtchen Love wandelte sich zu einem innigen Rülpser und als Bonbon streute er — selbstironisch — ein kleines schmutziges Lachen in die kühle Abendstimmung. J. Kossmann

Gehört: Fred Frith. Barfuß und mit nackten Waden enterten Fred Frith und das Looping Home Or-

1chestra die Bühne des Zeise-Kinos, um sofort zur Sache zu kommen. Frith bearbeitete seine Gitarre mit einer Kleiderbürste und diverser anderer Gerätschaft, erzeugte bizarre Klänge, die erwartungsgemäß heftig an den Trommelfellen zerrten. Dennoch blieb das Spektrum der musikalischen Inspiration vom Ansatz her gemäßigt: Von Klassik über russische Volksmusik, Tango und orientalische Weisen bis zu Fragmenten aus Tubular Bells von Mike Oldfield vermischten Frith und seine Freunde Harmonisches mit Free Jazz. Seine elektronische Geige wurde hier in so rasanter Weise bearbeitet, daß man jeden Moment erwartete, der Bogen würde sich verabschieden. Stattdessen riß woanders die Saite einer Gitarre und führte zu einer amüsanten Unterbrechung, in der die Band jeder für sich mit Improvisationen vor sich hin alberte. Mit spielerischer Leichtigkeit wurden die Soli dann wieder zu einer harmonische Einheit zusammengesetzt. Mit einem furiosen Finale beendeten Frith und das Looping Home Orchestra nach zwei Stunden den wilden Abend. MvR

Heute abend: Das Konzert HipHop Pur mit Advanced Chemistry fällt aus. Der australische Songwriter Rick Price ebenso. Dafür spielen in der Großen Freiheit jetzt die Poprocker The Silencers (Hit: „I Can Feel It“). In der Werkstatt 3 verbinden Modumo südafrikanische Pattern mit Jazzsoli. Im Monsun treffen sich die Gitarristen Iven, Sommer und Krikula.