"Liebe taz..."
: Verkehrte Welt: Abgasschnuppern gegen das Ozon

■ zu: "Frischluft nur im Verkehrsgewühl?" vom 22.5.

Richtig, das ist schon eine verkehrte Welt. Da geht den Menschen zur schönsten Sommerzeit die Luft aus, die Städte werden unbewohnbar und die taz rät, zum Schutz vor Ozon „Erholung auf der Bank Im Verkehrsgetümmel zu suchen“. Nur, warum um alles in dieser nach Auspuffgasen stinkenden Welt fragt ihr nicht mal ihr nichtmal bei der Umweltbehörde an, wozu Grenzwerte eigentlich da sind? „Ein Lokales Fahrverbot, das erst bei Erreichen der Grenzwerte ausgesprochen wird, verbessere die Situation nicht“, erfahren wir. Richtig, dreimal richtig, aber wer verpflichtet denn den Senat dazu, mit den Händen in den Taschen abzuwarten, bis die Grenzwerte überschritten sind, um denn festzustellen, daß es zum Handeln zu spät ist?

Ich erinnere mich noch gut an Grüne Oppositionszeiten, wo vorbeugender Gesundheits-und Umweltschutz gefordert wurde, über Vorsorgepolitik und ökologisches Handeln gestritten wurde. Sollte das für Regierungsbeteiligte nicht mehr gelten?

Grenzwerte sollen dem Schutz vor schädigenden Umwelteinflüssen dienen. Muß da nicht eine Ozon-Verordnug, die den Namen Schutzverordnung verdient, so gestrickt sein, daß Fahrbeschränkungen so früh einsetzen, daß Grenzwertüberschreitungen verhindert werden? Mindestens. Denn der Arzt Johannes Spatz setzt bei Kindern Einschränkungen der Lungenfunktion schon bei 120 Mikrogramm an. Diesen niedrigeren Wert zum Schutz der Kinder als Grenzwert zu setzen wäre richtig, würde jedoch bedeuten, Autos von April bis September fast nur noch bei Regen fahren zu lassen. Das wage ein Ampel-Mensch zu denken.

Politisch dursetzbar ist jedoch, Kinder in ihrem Recht auf ein gesundes Leben einzuschränken. Ist das die richtige Entscheidung? Richtig ist, Ozon reagiert nicht auf die übliche Form der Umweltreperatur. Simple Handlungsketten wie „Ozon steigt — Auto abstellen — Ozon sinkt“ funktionieren nicht. Doch welche Alternative wird uns geboten? Autoabgase als Geheimwaffe. Ozon (ätzend) nimmt ab, wenn Dieselruß, Kohlenwasserstoff und vor allem Stickstoffdioxid zunimmt, also Luftschadstoffe, die Lungenerkrankungen hervorrufen und zum Teil krebserregent sind. Tausche Lungenfunktionsstörung gegen Lungenerkrankungen und Krebsrisiko!

Sorry, wenn ich frage. Aber können wir uns wirklich auf solch eine zynische Debatte einlassen? Da sollte sich Bremen lieber an Hessen und Heilbronn ein Beispiel nehmen. Auch wenn die beschlossenen Fahrbeschränkungen nur zu Schadensbegrenzung reichen, sie sind wichtig und richtig. Denn sie benennen die Verursacher des Ozon-Dilemmas und sagen ihnen den Kampf an.

Statt also in Hoffnungslosigkeit zu schwelgen: Warum gehen wir nich zusammen zum Umweltsenator? Fragen wir ihn, welche Bedeutung er Grenzwerten zum Schutz vor Schadstoffen beimißt, und für welche Maßnamen vorbeugender Umweltpolitik auf Bundes-wie auf Landesebene er sich einsetzt, damit zukünftig wenigstens die schon sehr hohen Ozon-Grenzwerte eingehalten werden. Die zentralen Rennstrecken in der Stadt durch Besetzung dicht zu machen wäre auch keine schlechte Idee.

Möglichkeiten zu handeln gibt es für den Senat. Tempo 100 auf den Stadtbremischen Autobahnen wäre nicht nur eine Maßnahme zur Ozonprophylaxe. Es wäre ein Zeichen, daß der Senat das Recht auf Gesundheit höher bewertet als das Recht auf freie Raserei. Oder was haltet ihr von folgender Idee: Der Senat schickt Verkehrsexperten in die großen und mittleren Betriebe. Sie bieten gezielt Mobilitätsberatung an und bauen Fahrgemeinschaftssysteme auf. Denn der Senat setzt sich das Ziel, daß zukünftig 3-4 Personen in jedem Pendlerauto sitzen, und nicht nur eine. Elisabeth Hackstein, DIE GRÜNEN