Meistertrainer

■ Zwei aus einer Klasse: Otto Rehagel und Erich Ribbeck

Meistertrainer

Zwei aus einer Klasse: Otto Rehhagel und Erich Ribbeck

Otto RehhagelFoto: taz

Der eine wäre gerne Entertainer geworden, kann ein ganzes Oktoberfest-Bierzelt alleine unterhalten und verdiente sich einst als Laienschauspieler erste Lorbeeren. Dem anderen sind öffentliche Auftritte zuwider, er kanzelt unangenehme Fragesteller schon mal unwirsch ab oder spricht überhaupt nur mit Leuten, die seine Sympathie finden. Auf den Bremer Freimarkt geht er sogar verkleidet, damit er unerkannt bleibt. Erich Ribbeck ist der beste Öffentlichkeitsarbeiter des Unternehmens FC Bayern München, Otto Rehhagel überläßt dieses Feld beim SV Werder Bremen seinem „Sprachrohr“ Willi Lemke.

Die beiden Konkurrenten im Duell um die Bundesliga-Krone sind auf den ersten Blick zwar unterschiedlich, doch die beiden Trainer haben eines gemeinsam: Große Erfahrung auf der deutschen und internationalen Fußball-Bühne. Bundestrainer Berti Vogts meinte dazu am Mittwoch: „Es kommt doch nicht von ungefähr, daß die beiden ältesten Trainer der Liga am Ende auch vorne stehen. Beide zeichnet eine Sachlichkeit aus, die im harten Bundesliga-Geschäft nicht immer anzutreffen ist.“

„Druck? Das ist für mich kein Thema“, sagt der 54 Jahre alte Rehhagel über die Nervenbelastung, die beim „Hitchcock“ des Bundesliga-Finales auf den beiden Hauptfiguren des Geschehens lastet. „Ich werde mir sicher nicht das Leben nehmen, wenn es nicht klappen sollte“, meint sein ein Jahr älterer Kollege. 45 Trainerjahre haben die beiden ehemaligen Spieler zusammen auf dem Buckel. Ihr Wort hat in der Riege der deutschen Fußball-Lehrer Geltung. Bis zu Ribbecks Wiedereinstieg in die Bundesliga war Rehhagel der dienstälteste Trainer in der Branche und deren Sprecher. Jetzt aber hat ihn Erich Ribbeck in dieser Position abgelöst.

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von Otto Rehhagel

Die beiden sportlichen Leiter sind in ihren Klubs Respektspersonen. „Autoritär“ nennt Ribbeck seinen Führungsstil, „die Spieler müssen wissen, daß einer das Sagen hat.“ Der Unterschied liegt im Detail: Rehhagel siezt seine Akteure im Gegensatz zu Ribbeck. Trotz der hochkarätigen Münchner Führungsetage mit den Vizepräsidenten Franz Beckenbauer und Karl- Heinz Rummenigge entscheidet „Sir Erich“ mit, in Bremen ist „König Otto“ der „Alleinherrscher“.

Rehhagel hat im deutschen Fußball Maßstäbe gesetzt: Seit zwölf Jahren sitzt das „Kind der Bundesliga“ auf dem Cheftrainerposten in Bremen und kann das Ende seiner Dienstzeit selbst bestimmen. Nach Stationen in Saarbrücken, Offenbach, Bremen, Dortmund, Bielefeld und Düsseldorf hat er den SV Werder 1981 in die Bundesliga zurückgeführt und zu einem Spitzenteam geformt.

Der gebürtige Wuppertaler Ribbeck — schon in Mönchengladbach, Essen, Frankfurt, Kaiserslautern, beim Deutschen Fußball-Bund (DFB), Dortmund, Leverkusen und Hamburg als Coach tätig — hat die Bayern aus der tiefen Krise zu alter Stärke zurückgeführt. Sein größter Erfolg bisher war der Gewinn der UEFA-Cups mit Bayer Leverkusen 1988. Rehhagel kann einen deutschen Meistertitel, den DFB-Pokalsieg und den Europacup der Pokalsieger für sich verbuchen.

Ribbeck, vor dem Bayern-Engagement Marketing-Manager in der Industrie (Opel), beherrscht die Klaviatur als PR-Arbeiter in eigener Sache perfekt. Sei es im Umgang mit der Münchner Medienmacht, sei es beim traditionellen Bayern-Empfang auf der „Wies'n“, wenn er mit mit Gamsbart-Hut auf dem Kopf die Blaskapelle dirigiert und Tausende zum Schunkeln animiert. „Ich habe eine Schwäche für Loriot und Emil. Jörg Knörr könnte ich stundenlang zuhören. Die Neigung kommt mir vielleicht entgegen“, so Ribbeck.

Ein Kontrastprogramm bietet dazu Otto Rehhagel. Er schottet sich und seine Familie fast völlig ab, hat seine Probleme mit einem Teil der Medienlandschaft, schützt seine Spieler vor unsachlicher Kritik und pflegt in der Werder-Führung den besten Kontakt mit Präsident Franz Böhmert. Eines haben der Diplom-Sportlehrer Ribbeck und der gelernte Anstreicher Rehhagel privat gemeinsam: Sie gehen gern ins Theater. Rehhagel hat darüberhinaus eine Liebe zu Musicals und zur Malerei entdeckt. Von einer Rivalität, wie sie zwischen den Managern Uli Hoeneß und Willi Lemke herrscht, sind sie meilenweit entfernt.

Andrea Wimmer und Hans- Joachim Zwingmann, dpa