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“Wir bleiben hier“

■ Friedliche Demo gegen Ausländerhaß / Randale in der Nacht

Die Morde von Solingen waren in Bremen auch am vergangenen Wochenende Anlaß für Demonstrationen und Auseinandersetzungen mit der Polizei. Am Samstag mittag zogen etwa 2.500 Menschen vom Ziegenmarkt aus durch die Innenstadt. „Wir bleiben hier“, „Wir wehren uns — wir schlagen zurück“ und „Die Brandstifter sitzen in Bonn“ waren die Themen der Demonstration, zu der ein Aktionsbündnis aus türkischen Gruppen, den Grünen und autonomen Gruppen aufgerufen hatte.

„Wir sind nicht eure Mitbürger“, hieß es von türkischer Seite mit Blick auf die verwehrten Staatsbürgerrechte und den Begriff „ausländische Mitbürger“. Die Grünen erklärten, immer noch werde „die Gefahr der organisierten rechtsradikalen, rassistischen und neofaschistischen Gruppen unterschätzt. Es gibt keine Einzeltäter.“ Von den TeilnehmerInnen der Demo wurden auch die Pläne des Innensenator kritisiert, den Flohmarkt auf der Bürgerweide abzuschaffen. Es sei alltäglicher Rassismus, wenn die polnischen Marktbesucher als Sündenböcke für eine Schließung herhalten müßten. Der wirkliche Grund für das Ende des Flohmarkts seien Pläne zur Umgestaltung der Bürgerweide.

Ein Flugblatt des Anti-Rassismus-Büros „Für das Recht auf Selbstverteidigung“ hatte vor der Demonstration für Unruhe gesorgt: „Wer jetzt die Leute zur ‘Besonnenheit' aufruft, oder wieder einmal in dieses hysterische ‘Keine Gewalt'-Geschrei einstimmt, nimmt ihnen das Recht auf Selbstverteidigung“, stand in dem Papier. Damit werde zur Gewalt aufgerufen, hieß es im Vorfeld der Demonstration. Man habe nicht angedroht, die Innenstadt in Schutt und Asche zu legen, erklärte das Anti-Rassismus-Büro dagegen gestern, aber eine Diskussion um die Gewaltfrage werde man auf dieser Ebene nicht führen. Das massive Aufgebot von Polizei und Bundesgrenzschutz und die Polizeitaktik des „Spalierlaufens“ hätten Krawall provozieren sollen. Mit Ausnahme einiger eingeschlagener Scheiben verlief die Demonstration nach Angaben von Polizei und Veranstaltern aber „weitgehend störungsfrei“.

Zum Krawall kam es in der späten Nacht, als eine Gruppe junger Türken in der Innenstadt Scheiben bei Restaurantseinschlug und Autos beschädigte. In der Eduard- Grunow-Straße sammelte sich eine andere Gruppe vor einer Diskothek und versuchte, einen von Polizisten gesicherten Einkaufsmarkt zu stürmen. Dabei fielen nach Polizeiangaben „Schüsse unbekannter Art“, Ware sei gestohlen worden. 77 Personen, überwiegend junge Türken, wurden zur Überprüfung ihrer Personalien vorübergehend festgenommen. bpo

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