: Soundcheck
■ Four Star Five / Lenny Kravitz
SOUNDCHECK
Heute abend: Four Star Five. Balladenfreund Wilhelm Stegmeier und seine Freunde von Four Star Five schwelgen auf ihrer ersten CD Letters From Lovers And Other Strangers, die jetzt bei Aus Lauter Liebe erschienen ist, bei ihren besten Momenten in den Whiskey- Wolken großer Pop-Erzähler. Ihre Kompositionen und der Gesang von Stegmeier erinnern nach- und durcheinander an Tom Waits, Nick Cave, die Doors als akustisches Set und New-Orleans-Blues, leider streckenweise aber auch an Bar- Musik und sonstigen Slow-Motion- Muzak. Trotz dieser Schwankungen im Material drängelt sich die Einheitlichkeit ihres Stils doch immer wieder vor. Die Berliner arrangieren ihre musikalischen Erhabenheits-Phantasien zu einem stimmigen Set, das in der deutschen Dressur englischsprachiger Vorbilder durchaus eine Ausnahmeposition einnimmt. Die Vermeidung jeglicher Experimente führt hier zur unterhaltenden Harmonie der Kleinstpartikel, aus denen Songwriter ihre Klasse gewinnen. Nicht aufregend, aber schön. tlb
Prinzenbar, 22 Uhr
Gehört: Lenny Kravitz. Nach jedem Song schlurfte ein Roadie in knielangen Skater-Shorts mit einer anderen 70er oder 60er-Jahre Gitarre hin zum Lenny mit dem Schlapphut, den Plateaustiefeln und den blauen Denim-Jeans. Da stand der Bühnenarbeiter dann in T-Shirt und mit Sneakers mitten im Glamour.
Zu seiner Rechten tänzelte ein märchenbärtiger Bassist die bekifften Schrittfolgen von Kollegen aus vergangenen Jahrhunderten nach. Und an der Gitarre zur Linken kratzte sich ein talentloser Imitator kreischender Hippiesoli in der kürbisförmigen Pudelfrisur. Oben saß ein Keyboarder, dem als Jünger der Sekte „Emerson, Lake und Palmer“ in einer gerechteren Welt Zuchthaus nicht unter zehn Jahren blühte. Noch abgerundet hatte Mastermind Kravitz sein Bühnenbild durch das Engagement einer engelsgleichen Schlagzeugerin. Dazu zwei schwarze Bläser, und, daran darf Mann nicht sparen, drei großbusige schwarze Background-Sängerinnen.
Das waren beste Voraussetzungen, um auf den unentwegten Rhythmen und Harmonien von Led Zeppelin und John Lennon über das Ende von Rassismus und Sexismus zu singen. Lenny Kravitz ist ein berechnendes Arschloch. Tobias Levin
Außerdem: Die für deutsche Verhältnisse wirklich begnadeten, süddeutschen Crossover-Cro-Magnons Freaky Fuckin' Weirdoz spielen in der Markthalle und die Hamburger Jazz-Pop-Fusionäre Tuttles Fuck Jazz künden von nervösen Energieströmen im Logo. Im Marquee gastieren die Berliner Psychoreggaebeatpunker P.N.A.T.S.C.H..
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