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Ein wildes Gerücht reicht für den Krawall

■ Türkische Jugendliche stürmten Kneipe in Schwanewede / Auf der Suche nach Nazis / „Explosive Situation“

Wut und Aggression unter türkischen Jugendlichen in Bremen entladen sich eine Woche nach den Morden von Solingen immer öfter durch Randale. In einer „Blitzaktion“ haben etwa 30 türkische Jugendliche gestern nacht die Kneipe „Journal“ in Schwanewede gestürmt. Nach Angaben der Polizei in Osterholz-Scharmbeck verprügelten sie Gäste, schlugen Fensterscheiben ein und beschädigten Autos. So schnell wie sie gekommen waren, zogen die Randalierer wieder ab; die Polizei fing siein Bremen ab und stellte Baseballschläger und Messer sicher. Bilanz der Aktion: 20.000 Mark Sachschaden und „Racheschwüre“ von rechten Jugendlichen in Schwanewede.

Anlaß für den Überfall auf die Kneipe war nach Polizeiangaben das Gerücht unter den Türken, daß sich im „Journal“ Nazis versammelten. „Völlig unerklärlich“ findet Peter Löchtemann von der Polizei in Osterholz-Scharmbeck den Angriff: „Ich weiß nicht, warum gerade Schwanewede und gerade diese Kneipe ausgesucht wurden.“ Die Kneipe sei weder als Treffpunkt der Rechten bekannt, noch habe es eine rechte Veranstaltung an diesem Abend gegeben. Schwanewede gilt unter den Einwohnern nicht als ausgesprochen „rechtes Pflaster“: „Hier laufen keine Skins über die Straße“, heißt es.

Eine Erklärung für die explosive Lage hat Andrea Müller vom Lidice-Haus anzubieten: „Im Moment kämpft unter den Jugendlichen jeder gegen jeden. Alle fühlen sich aufgerufen, irgendwas zu tun. Die Cliquen sind sehr aggressiv, und das wird weiter eskalieren.“

Seit den Solinger Morden haben türkische Jugendliche in Bremen schon mehrere Male ihrer Wut mit Gewalt Luft gemacht. Es häufen sich die Meldungen über nächtliche Randale ohne ersichtlichen Grund. Derya Mutlu, türkischer Mitarbeiter der Arbeiterwohlfahrt, weist auf die geladene Atmosphäre unter jungen Türken hin: „Es fliegen Gerüchte durch die Luft und dann geht es ohne Prüfung der Wahrheit los mit der Gewalt. Samstag abend bei den Krawallen an der Eduard-Grunow- Straße hieß es, nach dem Fußballspiel in Stuttgart seien vier Türken verbrannt worden. Die Situation ist so gereizt, daß viele Jugendliche sich mit Gewalt wehren wollen.“ Mutlu warnt vor einer pauschalen Verurteilung der türkischen Jugendlichen. „Es ist falsch zu sagen: Die Türken rasten jetzt aus. Aber es ist schwierig, mit den Appellen zur Gewaltlosigkeit alle zu erreichen.“ Bernhard Pötter

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