: Integrationsplan verstaubt in den Senatsschubladen
■ Ausländerbeauftragte fordert in jetzt bekanntgewordenem Bericht schnelle Integration / Berlin muß Vorreiter werden
An Ideen für integrationspolitische Maßnahmen mangelt es der Ausländerbeauftragten Barbara John (CDU) beileibe nicht. Doch was sind die schönsten Vorhaben wert, wenn sie in den Schubladen der Senatsverwaltungen vergammeln? Lange vor dem Mordanschlag von Solingen hat die Ausländerbeauftragte den Behörden einen bisher noch unveröffentlichten Bericht über die Situation und die Perspektiven der ethnischen Minderheiten in der Stadt übersandt.
Der Bericht mit konkreten Vorschlägen zur Verbesserung der Lebenslage und Berufsmöglichkeiten bis hin zur Erleichterung der Einbürgerung wartet nun darauf, von den Mitarbeitern der einzelnen Verwaltungen geprüft, gegebenenfalls verändert und dann gegengezeichnet zu werden. Aber das wird dauern. Nach Einschätzung von berufenen Kreisen wird das Papier, besser gesagt, das was dann noch von ihm übrig ist, frühestens im Herbst vom Senat verabschiedet werden können.
Die Ausländerbeauftragte gab sich gegenüber der taz erstaunlich gelassen: Sie nehme „eine langwierige Abstimmung in Kauf“, um ein gemeinsames Konzept verwirklichen zu können. Unverrückbar fest steht für sie dabei eines: „Berlin muß als nächstgelegene Metropole – was den Zuwanderungsdruck aus Mittel- und Osteuropa betrifft – bundesweit eine Vorreiterrolle für die Integration und das friedfertige Zusammenleben der Menschen verschiedener Nationalitäten übernehmen.“ Das sei aber nur möglich, wenn die Landespolitik diesen Belangen „einen hohen Stellenwert“ einräume. Den Begriff „Ausländer“ halten John und ihre Mitarbeiter längst für überholt. Sie sprechen lieber von „ethnisch-kulturellen Minderheiten“. Die größte Gruppe in Berlin stellen die 140.000 Türken, gefolgt von 40.000 Menschen aus Ex-Jugoslawien, 29.000 Polen und 20.000 Bürgern aus arabischen Staaten.
Gerade diese Menschen, so John, seien als erste von Arbeitslosigkeit betroffen. Auch um die Schul- und Ausbildungsmöglichkeiten der jungen Ausländer sei es denkbar schlecht bestellt. 30 Prozent verließen die Schule ohne Abschluß. Daß es früher sogar 70 Prozent waren, ist für John kein Trost. Als Maßnahmen gefordert seien vor allem schulbegleitende Hilfen, mehr übertriebliche Ausbildungsmöglichkeiten und Programme zur Förderung der deutschen Sprachkenntnisse. Letzteres gelte auch für die ältere Generation. Weiter fordert der Bericht die Einrichtung einer speziellen Familien- und Jugendfürsorge sowie eine Altenbetreuung für die ethnischen Minderheiten. Auch für „eine Erleichterung der Einbürgerung unter Hinnahme vom Mehrstaatlichkeit“ tritt John ein, was nichts anderes als doppelte Staatsbürgerschaft heißt. Von den hier lebenden Ausländern haben zur Zeit ganze 8.100 die deutsche Staatsbürgerschaft, 40 Prozent davon eine doppelte. Die hier geborenen Ausländer müßten außerdem mit ihrer Geburt die deutsche Staatsbürgerschaft bekommen. Dies bedürfe jedoch der Einführung des „ius soli“ durch den Gesetzgeber.
Darüber hinaus tritt die Ausländerbeauftragte für eine Verbesserung des Ausweisungsschutzes der hier Aufgewachsenen ein sowie für Schutzgesetze, die Ausländer zum Bespiel vor dem Rausschmiß aus Diskotheken bewahren. In vielen Gesprächen mit der jüngeren Generation nach dem Mordanschlag von Solingen, so John, sei die Verbesserung der Lebensperspektive und rechtliche Absicherung Hauptthema gewesen. Plutonia Plarre
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