: „Brandstiftung gibt es in jeder Bewerberstadt“
■ Senat sieht die Olympiabewerbung durch Solingen nicht beeinträchtigt
Der Sprecher des Senats, Michael-Andreas Butz, sieht die Berliner Olympiabewerbung weiterhin im Aufwind. Er stellte gestern eine Umfrage vor, nach der 58 Prozent aller Berliner sich dafür ausgeprochen haben, daß die Spiele im Jahr 2000 in der Stadt stattfinden. Dies ist für Butz ein an sich schon erfreuliches Ergebnis, das noch dadurch gesteigert wird, daß von den Gegnern sich nur 76 Prozent ihrer Ablehnung „ganz sicher“ sind, womit erwiesen wäre, daß „die Front bröckelt“. Die Standfestigkeit der eigenen Reihen wurde nicht erfragt, da man sich, so Butz, voll auf die noch zu Überzeugenden konzentriere.
Der Senatssprecher weiß, daß die Umfrage „von entscheidender Bedeutung für das IOC“ ist, wohingegen sich das Vergabegremium von den jüngsten Anschlägen in Solingen und anderen deutschen Städten weniger beeindrucken lasse. Denn, so Butz' Einschätzung, „Mord, Brandstiftung und Totschlag gibt es in jeder Bewerberstadt“. Das Kriterium der Sicherheit sei natürlich wichtig, aber das IOC wisse, „daß wir sichere Spiele organisieren können“.
Noch mehr Rückenwind soll die Bewerbung von der deutschen Wirtschaft bekommen. Daimler- Benz will ein Unternehmens-Konsortium organisieren, das für die Spiele eine Ausfallbürgschaft in Milliardenhöhe bereitstellt. Der Vorstandsvorsitzende, Edzard Reuter, wollte das Vorhaben gestern der Bundesregierung unterbreiten. Die Initiative geht zurück auf einen Vorschlag des Münchner Anwaltes Axel Meyer-Wölden, der an einer Rechteverwertungsagentur von Sat.1 und Leo Kirch beteiligt war. Er will, daß 50 Unternehmen bis zu den Spielen ein finanzielles Engagement von mehr als 20 Millionen Markeingehen. Allerdings war von Daimler-Benz gestern nicht zu erfahren, wer in welchem Fall die Summe erhalten soll. Zwar befand Butz schon freudig, „die können wir gut gebrauchen“, doch konnte auch er sich keinen Ausfall vorstellen, bei dessen Eintritt die Bürgschaft zur Anwendung kommen könnte. Denn er hält weiterhin an den offiziellen Kalkulationen fest, wonach die Olympischen Spiele mit einem Plus in der Bilanz abgeschlossen werden. Obwohl Daimler-Benz das Vorhaben sowohl mit dem Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepen als auch mit der Olympia GmbH abgestimmt haben will, waren auch von dort keine Einzelheiten zu dem Projekt zu erfahren, mit dem Reuter drei Monate vor der Entscheidung des IOC das Ruder zu Berlins Gunsten noch mal rumreißen will. Dieter Rulff
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