■ Das Portrait: Georg Diederich
Als „rotzfrech und dumm“ charakterisierte die taz 1991 den damaligen Schweriner Innenminister Gerd Diederich. Das war einseitig. „Intrigant und rachsüchtig“, fügen Beobachter ergänzend hinzu. Diederich, der mit seinen jetzigen Stasi-Beschuldigungen gegen den Ministerpräsident Bernd Seite eine Palastrevolution in der Partei anzetteln wollte, hat damit eher seinen Abschied aus der CDU- Fraktion eingeleitet, die Seite bis auf Georg Diederich einstimmig das Vertrauen aussprach.
Katholik Diederich hielt sich nach der Wende frühzeitig für den idealen Landesvater des neu erstehenden Mecklenburg-Vorpommern. Der Wahlsieg der CDU nährte Hoffnungen, die Partei zerstörte sie. Gomolka hieß der neue Chef, sein Innenminister wurde Wander- und Musikfreund Diederich. Sein Ressort verwaltete er unzureichend: Verstöße gegen „Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit“ sagt der Landesrechnungshof, schwerer wiegt seine politische Mitverantwortung für die Angriffe auf das Asylbewerberheim in Greifswald Ende 91 und seine Untätigkeit, als der Rostocker OB schon ein Jahr vor den späteren Pogromen hellsichtig auf die unhaltbaren Zustände in und um die „Zentrale Anlaufstelle für Asylbewerber“ hinwies: „Schwerste Übergriffe bis hin zu Tötungen sind nicht mehr auszuschließen“. Diederich bedauerte: Abhilfe sei nicht zu schaffen.
Foto:Kurt Hamann
Zunächst erfolgreicher agierte Diederich innerhalb seiner Partei, in der sich schwächliche Führungsfiguren aneinander klammerten. Unter tätiger Mithilfe Diederichs stürzte die CDU-Fraktion auf dem Höhepunkt der Werftenkrise Gomolka.
Dessen Nachfolger aber hieß wieder nicht Diederich, sondern Seite. Als schließlich der Schutzpatron Diederichs, der Bonner Verkehrsminister Krause nach seinem erzwungenem Abgang in Bonn von Seite gegen den Widerstand vieler Kreisvorsitzender auch als CDU-Landeschef abserviert wurde, vernahm man unterdrückte Racheschwüre. Doch Diederich und seine mutmaßlichen Hintermänner schätzten die Machtverhältnisse falsch ein.
Der Machtkampf ist nicht zu Ende. Wird Diederich geschaßt, hat die CDU/FDP- Koalition noch eine Stimme Mehrheit. Vorzeitige Wahlen fürchten die CDU wie der Teufel das Weihwasser. Das weitere Programm Schloßtheater zu Schwerin: „Kabale und Intrige“. ci
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