: Desert-Storm-Syndrom
■ Golfkriegs-GIs klagen über Symptome radioaktiver Verseuchung
Genf(taz) – Haben die USA im Golfkrieg durch den Einsatz neuartiger, uranium-umhüllter Geschosse Tausende der eigenen Soldaten verseucht und zu Krebskranken gemacht? Um Klärung dieser Frage bemüht sich jetzt der Streitkräfteausschuß des US-Senats. Zunächst werden dort einige der inzwischen über 7.000 GIs aussagen, die sich in den letzten beiden Jahren mit Beschwerden über Haarausfall, Muskelschwund, Kontrollverlust über die Blase und morgendliche Lähmungserscheinungen bei ihren Vorgesetzten meldeten. Ähnliche Symptome traten auch bei Kindern der GIs auf, die in den letzten beiden Jahren zur Welt kamen. Die über 7.000 Soldaten nahmen ausnahmslos 1991 am Golfkrieg teil. Die US- Streitkräfte setzten damals erstmals Granaten und Geschosse ein, die zwecks Erhöhung der Durchschlagskraft mit Uranium ummantelt wurden. Mit dieser neuen Munition konnten die USA auch spezialgehärtete Panzer oder oberirdische Bunker der Iraker zerstören. 5.000 solcher Granaten wurden gegen irakische „Ziele“ verschossen. Die US-Luftwaffe hält ihre Zahlen noch geheim. Völlig im dunklen liegen die Folgen für die Bevölkerung des Irak.
Über das „Desert Storm Syndrom“, wie das Krankheitsbild inzwischen genannt wird, klagen nicht nur US-Soldaten, die beim Laden und Abfeuern direkt mit den Geschossen in Berührung kamen. GIs, die zerstörte irakische Panzer inspizierten, weisen die gleichen Symptome auf. Zu den Erkrankten gehören auch weibliche Sanitätsoffiziere, die in der Nähe zerstörter irakischer „Ziele“ Verwundete betreuten. US-Wissenschaftler äußern den Verdacht, daß sich Teile der Uraniumhülle nicht erst beim Einschlag, sondern schon beim Abfeuern lösten und als feiner Staub in die Atemwege der GIs eindrangen. Das US-Verteidigungsministerium nannte den Verdacht „unbegründet“.
Besonders heftig wehrt sich das Pentagon außerdem gegen Vermutungen, man habe von dem Auflösungseffekt der Uraniumhülle und der Gefährung der Soldaten bereits vor dem Einsatz der neuartigen Munition gewußt. Derartige Dementis stoßen allerdings auf Skepsis, seit belegt ist, daß die Führung der US-Streitkräfte bereits in den 40er und 50er Jahren volle Kenntnis der radiaktiven Strahlungsgefährdung bei Atomversuchen hatte und ihre Soldaten die oberirdischen Atomversuche in der Wüste Nevadas dennoch aus der Nähe beobachten ließ. Die meisten der damals erkrankten Soldaten sind inzwischen qualvoll an Krebs gestorben. Andreas Zumach
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