: Zu wenig Ozon in Heilbronn
■ Wolken über Süddeutschland: Ozonversuch des Umweltministeriums Baden-Württembergs verschoben
Berlin/Bonn (taz/dpa) – Fast alle waren dafür, die Polizeibeamten instruiert, die Handzettel verteilt. Aber dann kamen die Wolken eines atlantischen Tiefausläufers nach Süddeutschland: Der mit soviel Publizität angekündigte Ozonversuch von Heilbronn fällt aus.
Er soll nachgeholt werden. Aber bis dahin dürfen Autos aller Schadstoffklassen auch in Heilbronn unbeschränkt fahren. Sie stinken zwar bei den vorausgesagten Tagestemperaturen von 17 bis 22 Grad Celsius nicht weniger als sonst, aber der bedeckte Himmel dämpft die ultraviolette Sonnenstrahlung, die aus den Auspuffdünsten erst das Reizgas Ozon entstehen läßt.
Falls vom 17. bis zum 21. Juni die Sonne wieder durchkommt, soll der Großraum Heilbronn dann doch noch zum Sperrgebiet für Autos ohne Dreiwegekatalysatoren oder besonders saubere Dieselmotoren erklärt werden. Vier weitere Versuchstermine sind schon angekündigt. Baden-Württembergs Umweltminister Harald Schäfer möchte beweisen, daß die Ozonbelastung der Atemluft schon heute durch lokale Verkehrsbeschränkungen reduziert werden könnte.
Aufatmen also unter dem Regenschirm. Auch im Norden Deutschlands, wo Brandenburgs Umweltminister gestern noch vor Ozonkonzentrationen von über 180 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft warnte, ziehen heute atlantische Wolken auf. In Bonn wird derweil über eine neue Schadstoffverordnung nachgedacht.
Umweltminister Klaus Töpfer (CDU) will seinen Stuttgarter SPD-Landeskollegen fundamentalistisch überholen – aber erst in ein paar Jahren. Das geplante Bundesgesetz legt Grenzwerte nicht für das Ozon selbst, sondern für seine wichtigsten Ausgangsstoffe wie Stickoxid, Rußpartikel und Benzol fest. Für Stickoxid ist ab Sommer 1995 ein Alarmwert von 160 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft in Aussicht gestellt, 1998 sollen Grenzkonzentrationen von acht und zehn Mikrogramm für Ruß und Benzol hinzukommen. Wenn diese Werte erreicht werden, erlaubt die Verordnung den Kommunen, wenigstens Innenstadtzonen für bestimmte Autokategorien sperren.
Ein Jahr lang sollen zunächst Jahresmittelwerte für die indizierten Stoffe gemessen werden. Falls das Regelwerk danach in Kraft tritt – wie es heißt, befassen sich die kommunalen Spitzenverbände und das Bonner Kabinett „in Kürze“ damit –, werden Stadtverwaltungen mit weit komplizierteren Dingen als den Wettervorhersagen umgehen müssen. Bislang fehlen in der Regel Meßgeräte für die dann vorgeschriebenen Analysen. Sie müßten erst noch installiert werden, meinen Töpfers Beamte. Die mutmaßlichen Kosten sind unbekannt. nh
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