Village Voice
: Bittere Küsse und saurer Wein

■ Four Star Five haben den „Bedarf an guter Qualität“ im Musikbereich entdeckt oder: Kleinkünstliches im Altmännersopran oder: Das Debüt von Four Star Five

Hmm, da rieselt und plätschert eine Musik aus den Boxen, die wohlige, feine Perlen auf meiner Haut hinterläßt, deren Sound ein getragenes, breitwandiges, etwas pompöses Gemälde ist und deren Gehalt den Wert eines (guten?) Gesprächs am Abend aufwiegt. Atmosphäre, Arrangement und Ausgeklügeltheit.

Das sind die ersten, naturgemäß etwas oberflächlichen Eindrücke beim Hören des Debüt- Albums der Berliner Band Four Star Five, einem Quintett, das sich 1990 formierte und mit dem einen oder anderen Stück schon auf mancher Label-Compilation vertreten war. Einigen Leuten mögen sie noch als Vorgruppe von The Fall oder Element Of Crime ein Begriff sein, die größte Bekanntheit erlangte die Band jedoch bisher durch das Rauf- und Runterspielen ihres „Just Another Song“ in den Berliner Radios.

Ein genialer Titel für einen nicht ganz so genialen Song, der aber mit einem einfachen Refrain in einer angenehmen Melodie und in groß-orchestral anmutenden Gewand einige Qualitäten eines radiokompatiblen Songs aufweist. Das (bewußte?) Fehlen jeglicher Ecken, Kanten und Brüche unterstreicht das noch – womit wir wieder bei den „Letters From Lovers And Other Strangers“ angelangt sind: Noch ein paar Songs mehr, durchweg „schöne Musik“, die in „Hazy Memories“ ein wenig Tiefgang auslotet, den „Mortuary Blues“ in einem entspannten Swining aufgehen läßt oder auch mal andeutet, wie man mit einem Doors-Thema sogar seine Großeltern noch begeistern kann („Kick Up The Fire“).

Das stimmungsvollste Lied aber ist „Dark Friend“, eine kurze Charakterstudie der Nacht(-schwärmer), die melancholisch mit einem Pfeifen den Sonnenuntergang einleitet. Dazu klimpert ein Piano, mal aufdringlich, mal dezent, trompetet entspannt die Trompete, und Sänger Will S.Meyer beschwört mit tiefsten Altmännersopran „bitter kisses you offer me, bitter kisses and sour wine“; oder den „new day, no more tears to cry“.

Four Star Five haben den „Bedarf an guter Qualität“ im Musikbereich entdeckt und organisieren dementsprechend perfekt ihr Songwriting. Eleganz kann man dem Debüt-Album nachsagen, aber ebenso kann man manchmal die Grenzen zu sauberer Glätte nur schwer ziehen. Für mich schöpfen die „Letters“ aus demselben Reservoir, aus dem Element Of Crime schon seit Jahren ihre Musik mit Sinn, Vergangenheit und Gehalt überziehen: Nachtbar-Swing-Atmosphäre, Berlin, zwanziger Jahre, Kabarett, Kleinkunst.

Textlich allerdings sind Four Star Five eher unprätentiös dem Schlagerliedgut verhaftet, alles Liebe und Sehnsucht, ohne Fallstricke, beste Popklischees für den jungen, nicht so nachdenklichen (aber erfolgreichen) Menschen von heute. Nicht toll, aber, just for „ou, irgendwie doch dreamy und zauberhaft“. Gerrit Bartels

Four Star Five: „Letters From Lovers And Other Strangers“ (Aus lauter Liebe/Indigo)