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So sieht sich der Staat

■ Betriebliches Vorschlagswesen für Staat „erschreckend ungünsig“

Wie sieht der Bremer Finanzsenator die bremische Verwaltung? In einer Auflage von zigtausenden wird als offenbar passend empfundene Sinnbild gedruckt und mit den Gehaltszetteln an alle Beschäftigten geschickt: Ein altertümlicher Pferdewagen, bei dem das Pferd allerdings falsch herum angespannt ist (s. unser Bild).

Damit das nicht so bleibt, soll das Bild die betrieblichen Erneuerer anspornen. Mit jährlich ca. 100 Vorschlägen halfen die Staatsangestalteten in den Jahren 1991 bis 1992 mit, Kosten einzusparen und unsinnige Verwaltungsabläufe zu verschlanken. „Erschreckend ungünstig“ sei die Relation zwischen Mitarbeiterzahl und eingereichten Vorschlägen, findet der zuständige Senator Kröning, immerhin verschlingt die Bearbeitung der Vorschläge eine halbe Stelle des Ressorts. Gut die Hälfte der eingereichten Vorschläge werden als wirkliche Verbesserungen anerkannt und führten in den Jahren 1989 bis 1992 dazu, daß im Durchschnitt jeweils eine knappe halbe Millionen gespart werden konnten. Bis zu 20 Prozent bezifferbarer Einsparungen des ersten Jahres

werden den Neuerern als Prämie überreicht.

Gespart wird dank Erneuerer etwa das Porto für Zustellungen bei der Einstellung von Strafverfahren - die sind, wie der Justiz-Mitarbeiter Völkner herausfand, durchaus mit der einfachen Post beförderbar. Den kostenträchtigsten Vorschlag machte ein Mitarbeiter aus dem Krankenhaus: Die Firma, die bestimmte Instrumente zur Blutdruck-Messung verkauft, hatte nur für 48 Stunden Verwendung garantieren wollen. Umfang

hier das Pferdebild

reiche Tests bewiesen nun in Bremen: Auch wenn erst nach 96 Stunden ein neues Gerät gekauft wird, ist der Betrieb noch sicher. Kostenersparnis: Mehr als 100.000 Mark jährlich.

In der Regel sind es aber kleine Fische, die das betriebliche Vorschlagswesen prämiert, schon die Einsparung eines Formulars kann Geld und Arbeitskraft sparen helfen. Derartige Ideen kommen im Öffentlichen Dienst aber zu selten, deshalb die Werbekampagne mit dem unzweideutigen Bild. K.W.

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