piwik no script img

Pfiffe und Rangeleien zur Grundsteinlegung

■ Tumultartiger Baubeginn für Olympiasportstätte im Prenzlauer Berg

Unter einem gellenden Pfeifkonzert und „Nolympic-City“- Sprechchören eröffneten gestern morgen Bausenator Nagel und der Regierende Bürgermeister Diepgen (CDU) den Baubeginn für die Radsporthalle auf dem Gelände der ehemaligen Werner-Seelenbinder-Halle im Prenzlauer Berg. Während die Polizei die rund 200 DemonstrantInnen im Tumult wegzudrängen versuchte, sprach Bausenator Nagel von den Protesten als „Frust einer Minderheit“, die nicht verkraften könne, daß die Mehrheit der Bevölkerung das Bürgerbegehren nicht unterstützt hätte. Diepgen beeilte sich zu versichern, daß der auch anwesende Chef des Internationalen Radsportverbandes solche Proteste gewohnt sei. Nach Polizeiangaben wurden „drei oder vier Personen“ vorläufig festgenommen.

Vor dem offiziellen Beginn der Grundsteinlegung wurde von Betroffenenvertretungen des Bezirks das Bürgerbegehren Olympiabauten mit einem Trauerzug öffentlich „beerdigt“. Wie berichtet, hatte man auf weitere Unterschriftensammlungen verzichtet, weil der Senat noch vor dem Ende des Begehrens die Baugenehmigung angeordnet hatte. Die Betroffenenvertretungen hatten sich dafür eingesetzt, den Bau dreier Sportstätten in Höhe von 750 Millionen Mark bis zur Olympiaentscheidung im September zu verschieben. Außerdem wurde ein reguläres Bebauungsplanverfahren unter Beteiligung der Betroffenen gefordert, da von Großsportstätten unmittelbare Gefahren für die Wohnbevölkerung ausgingen.

Der Chef der Olympia-Sportstättenbauten, Klaus Streckebach, räumte gestern ein, daß Olympia den Druck zur Sanierung der Wohnviertel erhöhe. „Es wird eine Verdrängung geben, Wohnungen werden zusammengelegt, und es wird dann auch Preissteigerungen geben.“ Dennoch halte er den zügigen Baubeginn für geboten. Paragraph 34 des Baugesetzbuches besagt unter anderem, daß ein Bebauungsplanverfahren nicht nötig ist, wenn unter Beibehaltung ein und derselben Nutzung weitreichende Auswirkungen für das Gebiet ausgeschlossen sind. Bereits am Morgen hatte die PDS mit einer öffentlichen Sitzung der Abgeordnetenhausfraktion den Baustellen-Eingang symbolisch blockiert. Beklagt wurde, daß für Schulsport jährlich nur eine Million zur Verfügung stehe. wera

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen