■ Mit Themen-Konjunkturen auf du und du
: Die Weichwährung

Berlin (taz) – Die D-Mark weicht auf – ein Desaster! So schrillt es diese Woche aus dem Blätterwald. Und plötzlich konzentriert sich die Finanzwelt auf die volkswirtschaftlichen Basisdaten in Deutschland, die fundamentals, und vergißt quasi über Nacht das noch vor zwei Wochen unerschütterlich scheinende Vertrauen in das Symbol für Stabilität und Wohlstand. Vertrauen ist an den Devisenmärkten mindestens genauso wichtig für Anlage-Entscheidungen wie harte Fakten.

Dabei: Die deutschen fundamentals – hohe Staatsverschuldung, unseriöse Finanzpolitik, Rezession, eine Inflationsrate über vier Prozent, die unbewältigte Integration des Ostens, wachsende Arbeitslosigkeit, negative Außenhandelsbilanz – sind altbekannt. Und weil die Stärke einer Währung lediglich Ausdruck der Stärke einer Volkswirtschaft ist, war (und ist) absehbar, daß die D-Mark gegenüber anderen Währungen weiter an Wert verlieren wird.

Daß die D-Mark gerade jetzt eine derart schlechte Presse hat, ist aber vor allem der gigantische PR-Erfolg eines gewissen George Soros, wohnhaft in New York und derzeit erfolgreichster Devisenspekulant der Welt. Soros schrieb einen Brief an die Times, in dem er auf die fundamentals der deutschen Wirtschaft verwies und der D-Mark einen länger andauernden Schwächeanfall weissagte. Am Absturz der Mark hat Soros, der am Kurssturz des Briten-Pfundes eine Milliarde US-Dollar verdiente, ein massives Interesse: Er setzt offenbar das Geld, das etliche Millionäre in seinen Fonds angelegt haben, schon länger ebenso gezielt wie vergeblich auf einbrechende D-Mark-Kurse. Wie lange noch soll er also seine Anleger vertrösten?

Den Brief des Herrn Soros, am Mittwoch vergangener Woche veröffentlicht, griff freudig die Londoner Financial Times auf und erinnerte nebenbei patriotisch daran, daß es auch in Britannien eine Währung zum Geldanlegen gebe (obwohl Frankreich über weit bessere fundamentals verfügt).

Hierzulande nutzte der Spiegel am Montag den Aufhänger für eine neue Story über die neue „Weichwährung“, worauf gestern das Handelsblatt daran erinnerte, daß der Angriff des Großspekulanten nicht überraschend kam und bereits seit Monaten die D-Mark eigentlich nur noch durch eine Tatsache gehalten wird: Für die knapp eine Billion Dollar, die täglich über die internationalen Devisenmärkte verschoben werden, gibt es, auch wegen der rundherum niedrigeren kurzfristigen Zinsen, keine überzeugende Anlage-Alternative.

Damit das so bleibt, und nicht etwa der Franc zu dieser Alternative wird, steuerte gestern das staatstragendste Organ Deutschlands sachte gegen den Trend. Die FAZ machte Frankreich zum Aufmacherthema im Wirtschaftsteil: Dort sei die Rezession auch ein wenig tiefer als gedacht. Donata Riedel