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Beim Teufelsberg steckt der Teufel im Detail

■ Nur zögerliches Interesse am ehemaligen US-Horchposten im Grunewald / Ausschreibungsfrist wird jetzt verlängert / Wer bezahlt die Abrißkosten?

Bleibt Berlin auf dem ehemaligen US-Horchposten auf dem Teufelsberg sitzen? Am 20. Juni läuft die Ausschreibungsfrist für das knapp 50.000 Quadratmeter große Gelände im Grunewald aus. Doch das Interesse bei potentiellen Investoren scheint eher zurückhaltend zu sein. Bislang hätten sich eine „Handvoll“ Interessenten gemeldet, bestätigte jetzt Ulrike Plewnia, Sprecherin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz gegenüber der taz. Um weitere Angebote einzuholen, habe man daher den Termin auf Ende Juni verschoben: „Wir sehen das mit der Frist nicht so eng.“

Hinter der zukünftigen Nutzung des ehemaligen US-Geländes, das seit dem Spätsommer 1992 im Eigentum des Landes ist, steht nach wie vor ein großes Fragezeichen. Während die Berliner Forsten die Fläche am liebsten renaturieren wollen, kann sich Umweltsenator Volker Hassemer (CDU) auch eine Nutzung als Cafe vorstellen. Aber auch andere Visionen, etwa für Spiel- und Freizeitanbieter, seien möglich, so Plewnia: „Es gibt noch keine abgeschlossene Meinung des Senators.“ Erhalten wissen will Hassemer allerdings das ehemalige Casino der US-Streitkräfte und den Kuppelbau, in dem die hochsensible Technik einst untergebracht war. Sie sind laut Plewnia „Relikte der Zeitgeschichte“ und sollten daher stehenbleiben.

Ein Hindernis für Investoren ist auch die verkehrliche Anbindung, die auf den Berg hinaufführt. „Wir wünschen uns dort sicherlich keinen Dauerstau“, so Plewnia zur taz. Man wolle unter den Angeboten die umweltverträglichste Lösung auswählen.

Zusätzlich erschwert wird die Ausschreibung durch die komplizierte Rechtslage, die mit dem Gelände zusammenhängt. Das Land Berlin ist zwar seit der Übergabe Eigentümer der Fläche und der darauf stehenden Gebäude, doch flossen in den Bau der Anlage einst auch Bundesmittel. Solte das Objekt daher vermietet, verkauft oder durch den Senat weiterhin genutzt werden, habe der Bund „unter Umständen einen Wertausgleichsanspruch“, erklärt Eva Bursch, Gruppenleiterin bei der Oberfinanzdirektion (OFD) und zuständig für alliierte Liegenschaften. Offen ist nach wie vor, wer bei einem eventuellen Abriß, auch nur eines Teils der Anlage, zur Kasse gebeten wird. Rund siebzig Prozent der Fläche sind betoniert, einige der Gebäude gleichen eher dunklen Höhlen und gelten als wenig lukrativ für potentielle Käufer. Für die völlige Beseitigung der Anlage, mit dessen Bau 1969 begonnen wurde, müssen nach vorsichtigen Schätzungen der Umweltverwaltung mindestens 20 Millionen Mark veranschlagt werden. Bei einer künftigen Umnutzung - etwa als Forstgelände - kann das Land für die Teile der Anlage sogenannte Belegungsschäden geltend machen. Adressat ist nach Ansicht der Umweltverwaltung in diesem Fall der Bund. Er müßte für die Abrißkosten aufkommen, sollte man sich nach einer erfolglosen Ausschreibung doch für die Renaturierung des Teufelsbergs aussprechen. Die einfachste Lösung für alle Beteilligten, sei, so die OFD, die Anlage einfach in ihrem jetzigen Zustand zu belassen. Ob sich damit Berlin zufriedengeben wird, bleibt dahingestellt. Immerhin kostet die Wartung der Berühmtheit aus dem Kalten Krieg monatlich zwischen 20.000 und 30.000 Mark. Severin Weiland

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