Aidid – gejagt wie einst Noriega

■ UNO-Großoffensive gegen den somalischen General / Bundestag debattiert Bundeswehr-Einsatz

Berlin/Mogadischu (taz/AFP/dpa) – Die „dritte Schlacht“ um Somalias Hauptstadt Mogadischu ist gestern mit einer UNO-Bodenoffensive gegen den Clanführer General Farah Aidid in ein entscheidendes Stadium getreten. Nach einem vierstündigen US-Luftangriff in der Nacht durchkämmten italienische, französische und marokkanische Soldaten gestern früh die von Aidid kontrollierten Stadtviertel. Nachdem die Villa besetzt war, in der sich bis gestern Aidids Hauptquartier befunden hatte, machten sich die Soldaten auf die Suche nach Aidid und hatten ihn am Nachmittag in einem Krankenhaus außerhalb der Stadt umstellt.

Die US-Bombenangriffe auf Aidid- Stellungen waren die schwersten seit dem Beginn der UNO-Militäroffensive am vergangenen Samstag. Ziel war nach US-Angaben vor allem das Hauptquartier Aidids. Über Lautsprecher wurden die Bewohner der angegriffenen Zone aufgefordert, das Gebiet zu verlassen und ihre Waffen abzugeben. Dem wurde jedoch nach Korrespondentenberichten offenbar kaum Folge geleistet. Aus UNO-Kreisen verlautete, der Angriff sei bereits für Mittwoch geplant gewesen, wegen schwerer Regenfälle aber verschoben worden. Er sei, so ein Sprecher, Teil eines langfristigen Plans, der den Somalis „Hilfe bringen, die Zivilordnung wiederherstellen und die Anarchie beenden soll“. Aidid-Anhänger beschossen am Morgen die vorrückenden Panzereinheiten der UNO, die ihrerseits Straßensperren durchbrachen und rasch zum Aidid-Hauptquartier vorstießen. Das marokkanische Kontingent erlitt dabei die schwersten Verluste – hauptsächlich Schwerverletzte. Mindestens 19 Somalis wurden getötet.

„Dies ist eine ziemlich wichtige Operation, und vielleicht ist es die letzte“, sagte ein hoher Pentagon-Beamter. Er bezeichnete die Aktion als „Teil unserer Gesamtkampagne, Aidid aus dem Spiel zu entfernen“. General Aidid wurde schließlich im Digfer-Krankenhaus außerhalb der Stadt lokalisiert, worauf UNO-Truppen mit der Belagerung des Gebäudes begannen.

Für eine völlige Ausschaltung Aidids aus dem politischen Versöhnungsprozeß in Somalia hat jedoch die UNO kein Mandat. „Wir ergreifen keine Partei für irgendwelche Clans oder Parteien oder Milizen“, sagte UNO-Sonderbeauftragter Jonathan Howe am Wochenanfang. Er bestätigte jedoch, daß die UNO bezweckt, General Farah Aidid seiner militärischen Schlagkraft zu berauben. Einen Auftrag, Aidid zu verhaften, gebe es aber nicht.

Die Lage in Somalia war auch Gegenstand einer von der SPD beantragten Bundestagsdebatte, die gestern nachmittag begann. Die Sozialdemokraten verlangen von der Bundesregierung, den Einsatz von Bundeswehrsoldaten „unverzüglich zu beenden“. Die Koalition solle der UNO mitteilen, „daß eine militärische Beteiligung der Bundeswehr an der Hilfsaktion in Somalia derzeit nicht möglich ist“. Außenminister Kinkel (FDP) verteidigte den Bundeswehreinsatz. Ein Ersatz für die deutschen Soldaten in Somalia wäre „kurzfristig wohl kaum zu finden“. Zudem gehe es um die außenpolitische Handlungsfähigkeit Deutschlands. „Katastrophal wären auch die Auswirkungen auf die Moral unserer Soldaten.“ Im Einsatzgebiet um Belet Huen sei es bislang ruhig, sagte Kinkel.

Anke Fuchs bekräftige für die SPD, der Somalia-Einsatz sei verfassungswidrig. Nach dem Adria- und den Awacs-Einsätzen verstoße die Regierungskoalition ein weiteres Mal gegen das Grundgesetz. „Diese Regierung biegt die Verfassung, wie es ihr paßt.“