Bundesrat will doppelte Staatsbürgerschaft

■ Von SPD und Grünen geführte Länder bringen Gesetzentwurf der Ausländerbeauftragten ein

Bonn (taz) – Erstmals hat ein Gesetzgebungsorgan des Bundes eindeutig für die doppelte Staatsbürgerschaft votiert. Auf Initiative Niedersachsens und mit der Mehrheit der SPD-regierten Länder hat der Bundesrat am Freitag einen Gesetzentwurf verabschiedet, der die doppelte Staatsbürgerschaft einführt und weitgehende Erleichterungen bei der Einbürgerung von Ausländern vorsieht. Der Entwurf entspricht einer Vorlage der Ausländerbeauftragten der Bundesregierung, Cornelia Schmalz-Jacobsen (FDP). Mit dem Vorstoß, so Niedersachsens Bundesratsminister Jürgen Trittin (Grüne), solle die Bundesregierung gezwungen werden, zu den Plänen von Schmalz-Jacobsen „Farbe zu bekennen“.

Demnach erhalten Kinder, die in Deutschland geboren werden, automatisch die deutsche Staatsbürgerschaft, wenn beide Eltern ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland haben. Ausländer sollen einen bindenden Anspruch auf Einbürgerung bekommen, wenn sie acht Jahre in der Bundesrepublik gelebt haben. Für Asylberechtigte und Flüchtlinge gelte dies bereits nach fünf Jahren. Doppelte Staatsbürgerschaften könnten künftig generell „hingenommen“ werden. Auch die Mehrheit der Jugendminister der Länder hat sich bei einem Treffen in Saarbrücken für die doppelte Staatsbürgerschaft ausgesprochen. Dafür stimmten auch die Vertreter der CDU-geführten Länder Berlin und Thüringen.

SPD und Grüne haben bereits Gesetzesinitiativen im Bundestag ergriffen, ein SPD-Entwurf zur Einbürgerungserleichterung wird am kommenden Mittwoch erstmals im zuständigen Innenausschuß beraten. Die FDP hatte sich aus Koalitionsräson bisher geweigert, den Entwurf von Schmalz-Jacobson zu übernehmen. Die Union lehnte den Gesetzentwurf ab. Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Horst Waffenschmidt (CDU), verwies im Bundesrat auf die Argumentation des Bundesverfassungsgerichts, eine zweite Staatsbürgerschaft behindere die Integration in Deutschland, weil der Gedanke an die Rückkehr in das andere Land gefördert und wachgehalten werde. Eine wachsende Minderheit innerhalb der Union ist mittlerweile jedoch anderer Meinung. Im Interview mit der taz sagte der Vorsitzende des Rechtsausschusses des Bundestages, Horst Eylmann (CDU), er halte eine doppelte Staatsangehörigkeit für eine bestimmte Übergangszeit für wünschenswert. „Wir müssen jetzt auf die bei uns lebenden Ausländer zugehen.“ CDU/CSU- Fraktionschef Wolfgang Schäuble behauptete dagegen erneut, die generelle Zulassung doppelter Staatsangehörigkeit sei „kein taugliches Mittel gegen rechtsradikale Verbrechen“. Seiten 2 und 3