: „Die Angaben sind schlicht falsch“
■ Strahlentherapie am UKE: Anwalt erhebt schwere Vorwürfe gegen Behörde
Immer neue Fakten im sogenannten „UKE-Strahlenskandal“: Der ärztliche Direktor des Uni-Krankenhauses in Eppendorf, Dr. Peter Leichtweiß, räumte inzwischen ein, daß mindestens 47 Krebs-PatientInnen, die in der Eppendorfer Uniklinik bestrahlt wurden, anschließend über Komplikationen klagten. Allerdings gebe es bislang keine Daten über die Schwere und die genaue Ursache der Komplikationen.
Neue schwere Vorwürfe gegen die Wissenschaftsbehörde erhob gestern der Hamburger PatentInnenanwalt Wilhelm Funke. Er vertritt den Ehemann der vor einem Jahr verstorbenen Krebspatentin Thea St., die sich vor ihrem Tode im UKE einer aus Chemotherapie und Bestrahlung kombinierten Therapie unterwarf. Die Wissenschaftsbehörde hatte in einem Schreiben, das der taz vorliegt, sämtliche Schadenersatzforderungen zurückgewiesen.
Funke: „Frau Steinbeck ist zwar über die Risiken einer Bestrahlung, nicht aber über die Risiken einen kombinierten Strahlen-Chemotherapie aufgeklärt worden.“ Gerade die aber hatte im Herbst 1986 der neue Chefradiologe, Prof. Klaus H. erstmals im UKE eingeführt und jahrelang beibehalten. Und das, obwohl es keinerlei internationalen Studien über die Notwendigkeit der Kombi-Methode gab und im Herbst 1988 eine hochrangig besetzte Onkologen-Arbeitsgemeinschaft einstimmig erklärte, es gebe keine Indikation (keine Notwendigkeit) für eine simultane Radio- und Chemotherapie bei KrebspatientInnen.
Funke: „All diese Tatsachen hat die Wissenschaftsbehörde in ihrem Ablehnungsschreiben verschwiegen. Hier wurde mit einer sich im Versuchsstadium befindenden Therapie experimentiert, ohne daß die Patentin darüber aufgeklärt worden ist“.
Weiter behauptete die Wissenschaftsbehörde in ihrem Ablehnungsbescheid, daß die Patientin sich ohne die angewandte Therapie „dem sicheren qualvollen Krebstod ausgeliefert hätte“. Um das zu belegen, bezog sich die Behörde auf eine medizinische Tumorklassifikation in den Krankenakten der Verstorbenen, die aussagt, daß ihr Körper mit Metastasen durchsetzt sei. Der Ehemann kannte die Krankenberichte nicht, konnte deswegen nicht widersprechen. Wilhelm Funke: „Diese Angaben sind schlicht falsch, denn in den gesamten Krankenakten findet sich kein Hinweis auf Metastasenbildung und, der Operationsbericht des Harburger Krankenhauses sagt genau das Gegenteil aus. Nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand ist Frau St. an den Folgen der Therapie gestorben.“ Der Bericht der Wissenschaftsbehörde aber kommt zu dem Ergebnis: Krebstod. Bewußte Vertuschung?
Marco Carini
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