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4.500 Albaner aus Griechenland abgeschoben

■ Konflikt zwischen Behörden und griechisch-orthodoxer Kirche in Südalbanien

Berlin (taz) – Kaum haben Tirana und Athen ein paar vorsichtige Schritte aufeinander zu gemacht, wird das Verhältnis der beiden Balkanstaaten durch neue Konflikte mit den jeweiligen Minderheiten erschüttert. Auslöser des Problems, wenige Tage nach dem Besuch des albanischen Regierungschefs in Athen, war die Ausweisung eines griechisch orthodoxen Geistlichen aus Südalbanien am vergangenen Freitag. Die griechische Seite reagierte prompt: Schon am Samstag wurden 4.500 Albaner, die sich „illegal“ in Griechenland aufhalten sollen, aufgegriffen und abgeschoben. Premierminister Kontantin Mitsotakis warnte das Nachbarland vor „nutzlosen Provokationen“ und Albaniens Präsident Sali Berisha klagte umgekehrt über die „schlechte Behandlung albanischer Staatsangehöriger“ durch die griechischen Behörden.

Dabei hatten sich die Regierungen der beiden Nachbarländer in den vergangenen Wochen verstärkt um eine Verständigung über die albanischen ImmigrantInnen in Griechenland bemüht. Nach griechischen Schätzungen halten sich zwischen 150.000 und 300.000 AlbanerInnen illegal im Land auf. Sie kommen über das Gebirge, das bis zum Ende des albanischen Sozialismus im Jahr 1990 die bestbewachteste Grenze des gesamten Balkans war. Heute patroullieren dort auf der albanischen Seite nur noch wenige Grenzer. Und die betätigen sich nach griechischen Angaben eher als Fluchthelfer, denn als Fluchtverhinderer.

Die albanische Regierung will, daß Griechenland den Status der zahlreichen AlbanerInnen – etwa als „temporäre ImmigrantInnen – legalisiert. Athen, das seine Wirtschaftshilfe in Albanien verstärken will, hat diesen Punkt bislang offengelassen. Die Massenausweisung vom Wochenende, der mehrere vergleichbare Operationen vorausgingen, gilt der albanischen Seite als Beleg, daß Athen den Status der „Illegalen“ überhaupt nicht verändern, sondern in jedem neuerlichen Konflikt nutzen will.

In dem südalbanischen Ort Gyrokaster kam es während der Abschiebung des Geistlichen Chrysostomos Maydonis zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und Angehörigen der starken griechischen Minderheit. Die albanischen Behörden behaupten, daß Chysostomos Maydonis alte Landkarten verteilt habe, auf denen ein Teil Südalbaniens als griechisches Gebiet eingezeichnet sei. Der Ausgewiesene und seine Anhänger, die seither vor seiner Kirche protestieren, wittern hinter der Maßnahme eine „neue Verfolgungswelle der griechischen Orthodoxie in Albanien“.

Die griechisch-orthodoxe Kirche, die jahrzehntelang in Albanien verboten war, durfte erst vor kurzem wieder einen Erzbischof nach Tirana entsenden. Doch trotz dieser Erlaubnis vermuten die Griechisch-Orthodoxen einen Komplott der moslemischen und katholischen Kirche gegen sich. Der Besuch des Papstes in Albanien im Frühling dieses Jahres gab diesen Ängsten neue Nahrung.

Vorerst wird die griechisch-albanische Grenze wieder etwas dichter werden. Am Sonntag stoppten griechische Kontrolleure einen Kühllaster mit deutschem Kennzeichen, der 30 illegale albanische Migranten beförderte. Nach griechischen Angaben hatte jeder von ihnen 40.000 Drachmen (knapp 400 DM) für den Transport nach Griechenland gezahlt. Dorothea Hahn

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