piwik no script img

Ägypten will Rahman vor Gericht

■ Auslieferungsersuchen an die USA / Bittere Kommentare

Kairo (taz) – Der ägyptische Außenminister Amru Musa richtete am Sonntag abend an den US- Botschafter in Kairo, Robert Pelletrau, ein förmliches Auslieferungsbegehren im Falle Omar Abdel Rahmans. Das „Hohe Staatssicherheitsgericht“ im ägyptischen Fayuum hatte am Wochenende die Verhaftung des Sheikhs angeordnet. In einem seit April dauernden Prozeß ist er dort mit 48 anderen angeklagt, mitschuldig zu sein am Tod zweier Polizisten und der Aufwiegelung zur Gewalt während eines Protestes 1989 außerhalb einer Moschee in Fayuum, 80 Kilometer südwestlich von Kairo.

Abdel Rahman, dessen Predigten regelmäßig auf Videos und Kassetten in Ägypten auftauchen, ruft zum Sturz der „ungläubigen Regierung Mubarak“ in Kairo auf. Er gilt als einer der Mentoren der gamaat al-islamiya, die sich seit letztem Jahr in einer Art Kleinkrieg mit der Regierung befinden.

Die komödienartigen Umstände seiner Verhaftung sorgten für bittere Kommentare in den ägyptischen Regierungszeitungen. Soll uns tatsächlich glaubhaft gemacht werden, daß sich der Scheich über 20 Stunden vor dem CIA und dem FBI verstecken konnte, fragt der politische Chefredakteur der Tageszeitung Al- Ahram und bezeichnet das Ganze als eine Farce. Wie konnte der Anschlag in Kuwait auf den früheren US-Präsidenten in Kuwait von den gleichen Institutionen verhindert werden, während sie im eigenen Land nicht einmal die Bewegungen eines blinden Mannes beschatten können?

In Kairo stehen die US-amerikanischen Einrichtungen seit der Verhaftung Abdel Rahmans unter besonderem Schutz. Den Wächtern vor der US-Botschaft wurden Magazine mit scharfer Munition ausgehändigt. Die Regierung erwartet Racheakte der Anhänger Rahmans.

Die Prozedur der Auslieferung könnte eine Weile dauern, prophezeite US-Außenminister Warren Christopher nach dem ägyptischen Auslieferungsbegehren. Zwischen beiden Ländern gibt es kein Auslieferungsabkommen, sagt Adel Hidalgo, der Chef der Interpol in Kairo. Eine Auslieferung sei dennoch möglich, wie es vor wenigen Wochen der Fall des im Zusammenhang mit dem Anschlag auf das World Trade Center in New York verdächtigten Mahmud Abu Halima zeige. Halima wurde von den ägyptischen Behörden ohne größeres Zögern an die USA ausgeliefert.

Einer der Anwälte Abdel Rahmans wies darauf hin, daß das Leben des Scheichs in Ägypten gefährdet wäre, besonders wenn sein Fall vor ein Militärgericht käme. Abdel Rahman hatte bereits vor einem Monat um politisches Asyl in den USA gebeten. Schon öfter haben in Ägypten gesuchte Islamisten in Europa Asyl gefunden. Großbritannien nahm im Juni 1992 Adel Abdel Bari auf, der zu einer Gefängnisstrafe im Falle der Ermordung des ägyptischen Präsidenten Sadat im Jahre 1981 verurteilt war. Er wurde nach Absitzen seiner Haft auf Grundlage des ägyptischen Notstandsgesetzes weiter festgehalten. Karim el-Gawhary

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen