: SPD-Desaster bei Bürgermeisterwahl in Kassel
■ CDU-Kandidat setzt sich klar durch / Erstmals Machtwechsel in der einstigen SPD-Hochburg / In Rüsselsheim will Verlierer Winterstein (SPD) nicht nachsitzen
Frankfurt/Main (taz) Erstmals in der Nachkriegsgeschichte wird die Stadt Kassel von einem christdemokratischen Oberbürgermeister regiert werden. Mit deutlichen 60,2 Prozent setzte sich der CDU- Kandidat Georg Lewandowski (48) bei den Oberbürgermeisterwahlen am Sonntag von seinem sozialdemokratischen Konkurrenten Wolfgang Bremeier ab, der nur auf 38 Prozent der WählerInnenstimmen kam – immerhin fast 10 Prozent mehr als die gebeutelte SPD bei den Kommunalwahlen im März erhalten hatte. Damals war die SPD insbesondere wegen ihrer als „bürgerfeindlich“ verschrieenen Verkehrspolitik von 50 auf unter 30 Prozent abgesackt.
Auch in der Opelstadt Rüsselsheim zeichnet sich nach dem ersten Wahlgang ein Debakel für den sozialdemokratischen Amtsinhaber Norbert Winterstein ab. In der Stadt, die bislang für die CDU Diaspora war, erhielt die christdemokratische Bewerberin Otti Geschka 40,2 Prozent der Stimmen, Amtsinhaber Winterstein nur 37,9 Prozent und der für die Grünen angetretene parteilose Hochschullehrer Manfred Volkmann 21,9 Prozent. Volkmann hat noch in der Wahlnacht angekündigt, bei der Stichwahl in zwei Wochen für Geschka votieren zu wollen. Mit Geschka, die unter Wallmann hessische Staatssekretärin für Frauenfragen war, werde zwar „ein Stück CDU-Politik herüberkommen“. Doch wichtiger sei es, die in Jahrzehnten sozialdemokratischer Oberbürgermeisterschaft verkrusteten Strukturen aufzulösen und einen Machtwechsel herbeizuführen.
Der vom Wahlergebnis vergräzte Winterstein hat in erstem „heiligen Zorn“ (SPD) angekündigt, bei der Stichwahl nicht mehr antreten zu wollen. Weil in Rüsselsheim noch nicht einmal 50 Prozent der Wahlberechtigten den Weg zu den Wahlurnen fanden, betrieb der gescheiterte OB WählerInnenbeschimpfung. Mit ihrem Votum für die Direktwahlen bei den letzten Landtagswahlen hätten sich die BürgerInnen ein „Spielzeug“ herbeigewählt – „und es jetzt achtlos in die Ecke geworfen“. Die Grünen nannten Winterstein daraufhin eine „beleidigte Leberwurst“.
Sollte Winterstein tatsächlich nicht mehr antreten, wäre das ein Novum in der Geschichte der Direktwahlen.
Ob Geschka dann ohne Stichwahl Oberbürgermeisterin wird oder ob der gesamte Wahlakt von vorne beginnen muß, war am Montag selbst Kennern der Hessischen Gemeindeordnung (HGO) noch unklar. kpk
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