González will mit den Nationalisten regieren

■ Doch die Basken und Katalanen wollen keine Koalition mit den Sozialisten

Madrid (taz) – Mit zufriedenen Mienen verließen die Chefs der beiden großen spanischen Gewerkschaften, der kommunistischen „Comisiones Obreras“ und der sozialistischen UGT, am Montag die Moncloa, den Regierungspalast in Madrid. Der amtierende und künftige Ministerpräsident Felipe González hatte ihre Befürchtungen ausgeräumt, das kurz vor den Wahlen mit der Regierung ausgehandelte Streikgesetz, das bei Unternehmern und in Teilen der Sozialistischen Partei PSOE als zu gewerkschaftsfreundlich gebrandmarkt worden war, werde nun, nach den Neuwahlen, gekippt. Darüber hinaus versicherte González den beiden Gewerkschaftsführern, sein Hauptziel sei ein Plan zur Arbeitslosigkeitsbekämpfung sowie die Bewahrung des Sozialstaats. Diese Pläne trafen offensichtlich auf wenig Wohlwollen seitens des Vorsitzenden des Arbeitgebervereins, José María Cuevas, der am selben Tag zu Beratungen in die Moncloa gebeten wurde und danach nicht dazu Stellung nehmen mochte. González, der am vergangenen Samstag vom König Juan Carlos mit der Regierungsbildung beauftragt worden ist, schlägt damit Pflöcke für die künftige Legislaturperiode ein, die sich durch wachsende Auslandsverschuldung, negatives Wirtschaftswachstum und hohe Arbeitslosenzahlen (über 20 Prozent) ankündigt. In der vergangenen Woche hatte der Regierungschef Zeichen in die andere Richtung gesetzt und gegen den Widerstand des linkspopulistischen Flügels seiner Partei die Wahl des unbeliebten neoliberalen amtierenden Wirtschaftsministers Carlos Solchaga zum Fraktionsvorsitzenden durchgesetzt. Nach Monaten parteiinterner Auseinandersetzungen will González die Entscheidungen nun alleine treffen.

Die Bildung einer Regierung, die mehr denn je auf den seit elf Jahren regierenden González zugeschnitten sein wird, nimmt unterdessen langsam Gestalt an. Die 17 Stimmen, die der Sozialistischen Partei fehlen, um mit der absoluten Mehrheit von 176 Stimmen ihren Spitzenkandidaten im ersten Wahlgang zum Regierungschef zu küren, werden die katalanische nationalistische Partei CiU (17 Sitze) und die baskischen Nationalisten PNV (5 Sitze) beisteuern. Gegen seinen Wunsch ist es González hingegen nicht gelungen, Basken und Katalanen zu einer Koalition zu überreden. Während der katalanische Landesvater Jordi Pujol diese Möglichkeit völlig ausgeschlossen hat, hoffen die Sozialisten, zumindest die Basken noch mit dem Industrieministerium zu ködern. Beiden Parteien, die die sozialistische Regierung in der letzten Legislaturperiode unterstützt haben, fällt es schwer, ihrer nationalistischen Basis zu vermitteln, warum sie mit dem ewigen Feind, der Zentralregierung in Madrid, koalieren. Pujol, konservativer Vorreiter in Sachen Autonomie, erklärte: „Es wäre sehr schwierig, eine Regierungsdisziplin zu wahren und gleichzeitig katalanistische Forderungen beizubehalten“. Die Konflikte mit der Zentralregierung, die sich hauptsächlich um Zugeständnisse an Autonomie und finanzielle Forderungen drehen, könnten nach der Ausarbeitung des Haushaltsplans im Herbst zumindest teilweise beigelegt werden – etwa wenn die Katalanen die Verwaltung der dort eingenommenen Mehrwertsteuer zugesprochen bekommen. Für diesen Fall, ließ Pujol durchblicken, sei er vielleicht im nachhinein als Koalitionspartner zu gewinnen. Das knappe Abschneiden der Sozialistischen Partei bei der Wahl und die Notwendigkeit, wenn keine Koalition, so doch zumindest feste Legislaturpakte mit anderen Parteien einzugehen, hat nicht nur unter den Nationalisten heftige Auseinandersetzungen ausgelöst. Während diese sich an einem Schlüsselproblem Spaniens – dem Verhältnis von Zentralregierung und Regionen – abarbeiten, finden andernorts Flügelkämpfe über die politische Ausrichtung statt. So hatte der linke Flügel der Sozialisten Hoffnungen auf eine Koalition der PSOE mit der Linksunion „Izquierda Unida“ (IU) gesetzt. Jedoch hatten sie schnell feststellen müssen, daß González weiterhin lieber mit rechten Nationalisten regiert als mit der kommunistisch bestimmten IU. Diese hat es nach der Wahl an deutlichen Gesten mangeln lassen. Der Mehrheitsflügel der Union unter dem Vorsitzenden Julio Anguita steht einer Koalition mit den Sozialisten weitgehend ablehnend gegenüber. Die Minderheit, die „Nueva Izquierda“ (Neue Linke), die eine Annäherung von IU an die Sozialisten befürwortet, hat bereits Konsequenzen gezogen und die Umwandlung der Strömung in eine eigene Partei angekündigt, die freilich weiterhin „Izquierda Unida“ angehören wird.

Selbst in der gestärkt aus der Wahl hervorgegangen rechten „Volkspartei“ werden zur Zeit neue Wege eingeschlagen. Ihr Vorsitzender José María Aznar kündigte eine Reform der Partei an – was heißen wird, daß er sich der altfrankistischen Schranzen entledigt, mit denen er nie spanischer Regierungschef werden wird. Antje Bauer