: Tödliche Minen made in DDR
■ Aussage im Prozeß gegen Nationalen Verteidigungsrat
Berlin (dpa) – Die todbringenden Erdminen an der innerdeutschen Grenze sind nach Aussage eines DDR-Offiziers nach 1962 von der DDR eindeutig selbst verlegt worden. Im Totschlags-Prozeß gegen die Mitglieder des Nationalen Verteidigungsrats widersprach am Montag der ehemalige Zugführer der Pioniertruppen vor dem Berliner Landgericht der Darstellung der Verteidigung, wonach die Sowjets kurz nach dem Krieg mit der Verminung begonnen hätten. Die ersten Minen stammten nach 1962 zwar aus sowjetischer Produktion, später habe die DDR die Erdminen jedoch selbst hergestellt.
Der Zeuge konnte entgegen der Behauptung der Anwälte des ehemaligen Verteidigungsministers Heinz Keßler (73) nachweisen, daß der im April 1974 qualvoll verstorbene DDR-Flüchtling Klaus Seifert auf eine von den DDR-Truppen verlegte Mine getreten ist. Seifert hatte sich nach der Detonation in der Nähe des Ortes Schwickershausen (Thüringen) noch in den Westen schleppen können, war dort aber an Gasbrand verstorben.
Zwischen 1984 und 1985 – offenbar im Zusammenhang mit dem bundesdeutschen Milliardenkredit – seien alle Erdminen geräumt worden, sagte der Zeuge, der heute die ehemalige innerdeutsche Grenze nach bisher unbekannten Minen absucht. In den Grenztruppen hätten zu dieser Zeit Bedenken bestanden, weil befürchtet wurde, der Abbau der Minen könne zu vermehrten „Angriffen auf die Staatsgrenze von Seiten der DDR“ führen. Gegenwärtig seien noch nicht alle Minen entdeckt.
In dem Prozeß müssen sich neben Keßler auch sein Stellvertreter Fritz Streletz (66) und der ehemalige Suhler SED-Bezirkschef Hans Albrecht (73) wegen der Tötung von mehreren DDR-Flüchtlingen verantworten. Zur Aufklärung der politischen Hintergründe des Mauerbaus will nun das Gericht hochrangige ehemalige sowjetische Politiker laden. Der Prozeß wird am Donnerstag fortgesetzt.
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