piwik no script img

Die Kunst als Wasserspender

■ Die „Bremische“ investiert ins „Lichthaus“ / Kunst-Aktionen zwischen Land und Wasser

Wer Bremen sagt, meint auch die Weser. Ans Wasser aber kommen die Bremer nicht recht — jedenfalls nicht in den Häfen: Die sind weitgehend exterritoriales Gebiet. Die Stadtteile wieder ans Wasser zu holen, hat sich die Stadtentwicklung unter Senator Ralf Fücks zum Programm gemacht. Aber sowas dauert. In Gröpelingen machen Bremer KünstlerInnnen und ihre Gäste derweil schon mal ernst mit der Idee: Rings um das „Lichthaus“, das alte Arbeiteramt der AG Weser“, wollen sie in den nächsten vier Wochen mit Installationen und Aktionen Verbindungen stiften zwischen Hafen und Wohnquartier, zwischen dem Wasser und den Menschen.

Mit dem nicht geringen Anspruch, „historische Spuren zu sichern“, aber auch „neue Vernetzungen zwischen Haus, Stadt und Fluß sinnfällig zu machen“, tritt das Projekt in dieser Woche an. Künstler und Architekten aus Bremen, aber auch Gäste aus dem polnischen Gdansk beteiligen sich. Damit aber bescheiden sich die Lichthaus-Aktivisten nicht: Parallel arbeiten KünstlerInnen aus der GaDeWe ab 1. August vor Ort; 10 Künstlerinnen der Berliner Gruppe Tacheles wollen 10 Bilder in 10 Tagen malen; in Zusammenarbeit mit dem Überseemuseum wird das „projekt 12“ mit behinderten KünstlerInnen zwei Wochen ins Lichthaus ziehen — es will kein Ende nehmen mit der Unternehmungslust. Und das alles ohne ein sicheres, zumindest gedecktes Dach überm Kopf?

Aber nein. Noch rieselt es zwar von den Wänden und pfeift der Wind durchs nicht vorhandene Gebälk. Doch seit sich im vergangenen Jahr Bremer KünstlerInnen des verwahrlosten Industriebaus annahmen, da sind auch die Stadtentwickler auf die pittoreske Ruine aufmerksam geworden.

Die Bremische, Träger der Sanierung in Gröpelingen uns somit auch für die Akschen-Ruine zuständig, habe zugesagt, „daß sie dieses Haus für Kultur erhalten wollen,“ berichtet der Bildhauer Bernhard Wimmer, der eines der zugigen Ateliers im „Lichthaus“ unterhält. Sogar das Dach solle im Herbst neu gedeckt werden, für über eine Million Mark.

Tatsächlich zeigt man sich bei der Bremischen „froh, daß die Künstler da drin sind und das Haus beleben“. Vor der teurenm Dach-Reparatur und neuen Fenstern aber steht die Kostenprüfung. Die Dachkonstruktion und die Eisenträger sollen jetzt erstmal auf ihre Statik untersucht werden, sagt die Sachbearbeiterin Anne Lüking. Die Gesellschaft sei allerdings bestrebt, „die Hülle des Hauses wieder herzustellen.“

Und der Inhalt? Der könnte unter anderem auch kultureller Natur sein. Die Stadtentwickler überlegten, „was man zur Belebung dieses Standorts tun kann“. Schon sieht Lüking einen neuen Anleger am alten Fährweg vor Augen, ganz nahe dem „Lichthaus“, wo die Ausflügler aus der City; bei Kunst und Kaffee Rast machen könnten, und wo auch die Gröpelinger wieder näher ans Wasser kämen.

Solche Vorstellungen kommen den Utopien der derzeitigen „Lichthaus“-Besatzung schon recht nahe. Sie sehen das Haus als Bindeglied zwischen dem Fluß und dem Stadtteil. Bevor die Gröpelinger aber näher ans Wasser kommen, bringen die KünstlerInnen jetzt erstmal das Wasser an Land. Auf Sand und Wasser, die Elemente der Küste, will die Künstlerin Susanne Schossig ihre temporäre Installation am Fährweg bauen. Er soll zu einem Ort werden, „wo die KLeute das Wasser genießen können“. Die genaue Form wird in den kommenden Wochen entwickelt - wi alle künstlerischen Vorhaben, die sich schließlich sich an den Besonderheiten des Hauses, seiner Umgebung und des Stadtteils orientieren sollen.

Das schöne Schlagwort von der „Vernetzung“, das die deutschen KünstlerInnen über ihre Sache gestellt haben, will Agnieszka Wotodzko ganz wörtlich nehmen. Die Künstlerin aus Gdansk plant, ein veritables Spinnennetz zu weben. Das „Lichthaus“ und markante Orte der näheren Umgebung sollen so wahrhaftig ineinander verstrickt werden.

Und auch die Gruppe ExR will das Haus mit dem Rest der Welt verbinden. Ein monumentales Observatorium soll die Leute aus dem Stadtteil locken, sechs Meter hoch, breit und weit. Röhren und kleine Fenster animieren zum Durchblick — auf den riesenhaften Block-Kran, auf die benachbarten Industrie-Schönheiten, oder auch nur die Kap-Horn- Straße hinunter, die „Blickachsen“ und geheimen, unsichtbaren Beziehungen im Hafen freilegend. Die ersten sichtbaren Ergebnisse wollen die KünstlerInnen in zwei Wochen vorstellen. tom

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen