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„Wissen, wer wo und wann losballert“

In Italien wächst – nicht nur in linken Medien, sondern auch in Heer und Regierung – die Kritik an dem Einsatz in Somalia / Agierten italienische Blauhelme ohne UNO-Befehl?  ■ Aus Rom Werner Raith

Eingebrockt hat die Sache den Italienern einer, der selbst längst aus dem politischen Entscheidungsfeld abgezogen wurde: Gianni De Michelis, von 1989 bis 92 Außenminister und Vertreter neuitalienischer Großmachtpolitik. Wenn es angebracht sei, Frieden in Regionen zu stiften, wo italienische Soldaten irgendwann früher ihren Fuß hingesetzt hatten, sei Italien „selbstverständlich“ in vorderster Linie dabei. Heute versuchen die Italiener, nachdem sie nach einer Razzia auf schießbereite Somalis selbst unter Feuer geraten waren und drei Soldaten verloren haben, den längst als verfehlt erkannten Einsatz ihrer „Friedenstruppen“ wieder zu stoppen.

Längst weitab von der bis dahin in Italien gepflegten Politik des Lavierens und Taktierens, hatte De Michelis seine Nachfolger ebenso wie die verschiedenen Verteidigungsminister derart beeinflußt, daß sich die Italiener beim Aufruf der UNO vergangenes Jahr wirklich ganz selbstverständlich zum Einsatz berufen gefühlt hatten.

Doch kaum hatte die Regierung erklärt, sie sei mit von der Partie, hatte sie sich schon die ersten Tiefschläge eingehandelt: die zur Vorbereitung der amerikanischen Invasion entsandten Generäle hatten angeblich herausgefunden, daß den Somalis, Hunger hin, Hunger her, alle recht seien, mit Ausnahme der ehemaligen Besatzungsmacht Italien. So wurden den Tranportern mit der grünweißroten Trikolore denn auch ausdrücklich Räume zugewiesen, wo es während der Besetzung in der ersten Jahrhunderthälfte „nachweislich keinerlei italienische Untaten gegen Somalis“ (so das US-Oberkommando) gegeben hatte. Später durften die Italiener dann doch ins Zentrum von Mogadischu – doch kaum waren sie da, passierte die Sache mit den drei Soldaten. Seither brodelt es im Expeditionskorps ebenso wie im Heer, und ganz besonders bei den Politikern.

Waren am Anfang gerade mal linke Blätter wie il manifesto völlig gegen den Somalia-Einsatz, so wenden sich nun auch nahezu alle anderen Organe gegen zumindest diese Form des Engagements – das mindeste, was man fordern müsse, so die auch von der Regierung aufgenommene Formel, sei ein „ausgedehntes Mitspracherecht vor militärischen Operationen“ bis hin zum Veto gegen Bombardements. Wenn man schon seinen Kopf hinhalte, so ein eben zurückgekehrter Hauptmann zur taz, „müsse man auch wissen, wer wo und wann losballert und mit wem man es zu tun bekommt. Das aber sage den Italienern niemand.

Das allerdings nährt Gerüchte, die Italo-Friedenstruppe habe sich einfach selbst auf die Beine gemacht und die fatale Razzia auf eigene Faust durchgeführt – wobei man dann prompt in eine Falle gelaufen sei. Jedenfalls können die italienischen Kommandeure bis heute keine UNO-Weisung für ihr Ausrücken vorzeigen.

Im Hauptquartier zu Mogadischu vermuten die UNO-Befehlshaber sowieso, die Italiener suchten, wie weiland im Irak-Krieg nach dem Abschuß ihres ersten Tornado, den Ausstieg aus dem Einsatz. Schließlich stelle Italien gerade mal ein Zwanzigstel der eingerückten Soldaten, die Truppen hätten kaum brauchbare Waffen – und die Regierung behaupte immer noch, sie habe ihre Uniformierten zu ausschließlich humanitären Zwecken hergeschickt.

Manches Blatt registriert denn auch mit einem unverhohlenen Willkommen das „Dann haut doch ab“, das laut la Repubblica US- Obere Außenminister Andreotti entgegengeschleudert haben: es wäre der lange erhoffte Vorwand, das Somalia-Abenteuer unter Protest, aber doch abzubrechen und der Politik vollmundiger Omnipräsenz wieder abzuschwören.

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