: Showdown-Show
■ Sturm im Sandkasten: Dreiteiler über den Golfkrieg bei Vox
Erinnert sich noch jemand? Als Vox vor einem halben Jahr an den Start ging, kündigte die – inzwischen ausgetauschte – Senderspitze ein „informationsorientiertes Erlebnisfernsehen“ an. Ein Programmschwerpunkt sollte auf dem Dokumentarfilm und politischen Hintergrundberichten liegen. Dieser Anspruch wurde in den vergangenen Monaten vor allem durch das exzessive Ausstrahlen von Tier- und Reisefilmen befriedigt. Jetzt, da die Zeiten des Intellektuellen-Fernsehens bei Vox so gut wie vorbei sind, bevor sie richtig angefangen hatten, zeigt der Kölner Sender die dreiteilige Dokumentation „Der Krieg am Golf“.
In über 50 Interviews mit Komandeuren und direkt am Krieg Beteiligten versucht Drehbuchautor und Produzent Michael Maclear den Ablauf des Golfkriegs zu rekonstruieren und auch die propagandistische Vorbereitung und Begleitung des High-Tech- Schlachtens darzustellen. Und wie alte Bekannte erscheinen auf dem Bildschirm noch einmal Bush, Saddam Hussein, Stabschef Powell und General Schwarzkopf, der der Presse auf einer Landkarte die letzten „Erfolge“ seiner Marines verklickert.
Autor Maclear: „Ich war erschrocken über einen Krieg, den man zu jeder Zeit und jedem Stadium live am Fernsehen miterleben konnte. Das Medium Fernsehen macht aus einem ,modernen Krieg‘ ein Propagandatheater für die Kriegsherren.“ Der zweite Teil der Doku-Serie, „Sieg in den Medien“, ist darum der spannendste Beitrag zur Nachbereitung des Golfkriegs.
Trotzdem mußte auch Regisseur John McGreevy auf die heroischen Fernsehbilder zurückgreifen, die von der amerikanischen Armeeführung für die internationale Presse arrangiert worden waren. Deswegen kann er der offiziellen Darstellung des Golfkriegs als einer Art Nintendo-Spiel, bei dem smart bombs Saddam Hussein und die irakische Armee praktisch ohne zivile Opfer in die Knie zwangen, oft wenig entgegensetzen. Interessant ist die direkte Gegenüberstellung von Bush- und Saddam-Statements: Die Schauspieler Robert Clothier und Hrant Alianak zitieren aus offiziellen Verlautbarungen und Reden, in denen in oft identischen Phrasen der Gegner als „Satan“ und „Teufel“ dämonisiert wird; auch die martialischen Sprüche von Krieg um Freiheit und Gerechtigkeit sind häufig austauschbar – ein unerwarteter brechtianischer V-Effekt in dem sonst recht glatten Film. Ob „Krieg am Golf“ dem hehren Anspruch von Vox genügt, zeitgeschichtliche Hintergründe zu vermitteln, bleibt allerdings fraglich: Zu oft kolportiert der Film lediglich die US-amerikanische Version des Golfkriegs. Tilman Baumgärtel
„Krieg am Golf“ auf Vox:
„Der persönliche Krieg“, Sonntag, 19.05 Uhr
„Sieg in den Medien“: 25.7., 19.05 Uhr
„Bitterer Frieden“: 1.8., 19.05 Uhr
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