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Turbulentes Währungssystem

■ Franc und Dänenkrone unter Druck, D-Mark erstarkt / Keine befriedigende Erklärung für rasante Kursänderungen

Berlin (taz) – Erst geriet der französische Franc in Schwierigkeiten, dann auch die dänische Krone – das Europäische Währungssystem (EWS) wird nach einer Abwertungsrunde im Herbst schon wieder von Turbulenzen geschüttelt. Seit Montag fällt der Kurs des noch vor kurzem als besonders stark gerühmten Franc bedrohlich in die Nähe des im EWS vorgeschriebenen Minimalkurses. Vorgestern brauchte die Krone Hilfe. Aber auch andere europäische Währungen – irisches Pfund, Peseta, Lira und Escudo – erreichten neue Tiefstände. Dagegen steht die D-Mark, die noch vor wenigen Wochen dotterweich zu werden drohte, plötzlich wieder in altem Glanze da.

So recht einsichtig ist der Grund für die Unruhe nicht. Ein taz-Redakteur vermutete, wegen des in allerorten schlechten Urlaubswetters hätten Reisewillige es sich anders überlegt, massenhaft bereits umgetauschtes Geld wieder zurückgetauscht und dadurch ein Währungschaos ausgelöst. Zugegeben, auch wenn TouristInnen alljährlich enorme Devisenbeträge wechseln – diese These ist wohl etwas gewagt.

Andere Erklärungen sind aber auch nur mäßig befriedigend. Ähnlich wie im letzten Herbst, als Pfund und Lira aus dem EWS aussteigen mußten, wird auch diesmal auf die hohen deutschen Zinsen verwiesen. Zwar hatte die Bundesbank erst Anfang des Monats die Leitzinsen um 0,5 Prozent gesenkt, doch sei dies eben nicht genug gewesen. Daß der Bundesbankrat vorgestern keine weiteren Zinssenkungen beschlossen hätte, zeige, daß auch künftig mit einer starken Mark zu rechnen sei. Außerdem – kein sehr überzeugendes Argument – könne es mit der deutschen Wirtschaft jetzt ja nur noch aufwärts gehen.

In Frankreich und Dänemark hingegen, aber auch in den anderen Schwachwährungsländern, sei die Arbeitslosigkeit so hoch, daß die Regierungen früher oder später zwecks Investitionsanregung die Zinsen senken müßten. Dadurch würde der Wechselkurs sinken. Für die dänischen Schwierigkeiten kommt als Erklärung auch die Abwertung von Pfund und schwedischer Krone letztes Jahr in Frage. Dadurch wurden die dänischen Exporte in diese Länder verteuert.

Neu sind diese Erwägungen nicht; daher erklären sie auch nicht, warum gerade jetzt viele Währungen unter Druck geraten. Hat womöglich der größte und erfolgreichste Währungsspekulant der Welt, George Soros, seine Finger im Spiel? Ein Wort von ihm, so sagt man, und Wechselkurse beginnen zu stürzen. lieb

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