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„Soziale Kälte macht sich breit in der Stadt“

■ Streit um Fixerstuben: Rechtsgutachten dafür, doch Hamburgs Bezirke dagegen

Der Streit um die Einrichtung sogenannter Fixerstuben, Räume in denen sich Junkies unter hygienischen Bedingung Heroin drücken können, geht in eine neue Runde. Ein Gutachten der Frankfurter Staatsanwaltschaft, das heute veröffentlicht werden soll, kommt zu dem Schluß, daß diese „juristisch unbedenklich“ sind und nicht im Gegensatz zum Betäubungsmittelgesetz stehen. Dieses verbietet alles, was „Gelegenheit“ zum Konsum illegaler Drogen verschafft.

Eine solche Gelegenheit werde nur geschaffen, wenn in den Fixerräumen auch Drogen verkauft würden, argumentieren die Frankfurter Juristen. Auch die Hamburger Gesundheitsbehörde ist dieser Auffassung, machte die Einrichtung von ausgewiesenen Fixerstuben jedoch von einer Änderung des Betäubungsmittelgesetzes abhängig. Ein entsprechender Vorstoß der Hansestadt aber scheiterte am Widerstand der Bonner Koalition, die das Fixen keineswegs auf diesem Wege legalisieren will.

Hamburg behalf sich daraufhin mit einem „Etikettenschwindel“ und stellte die für die Fixerstuben bereits bewilligten Gelder für die Einrichtung von drei „Gesundheitsräumen“ zur Verfügung, in denen die kontrollierte Drogeneinnahme ebenfalls möglich sein soll. Das Problem: Niemand will die Anlaufstellen für Drogenabhängige vor der eigenen Haustür. In St. Georg, dem Schanzenviertel und Harburg, wo die Gesundheitscontainer aufgestellt werden sollten, machen die lokalen Behördenvertreter und Politiker Front gegen das Projekt. Tenor: „Ein gutes Konzept, aber bitte nicht gerade hier“.

„In der Stadt hat sich eine soziale Kälte breitgemacht“, bewertet Hamburgs Drogenbeauftragter Horst Bossong den örtlichen Widerstand gegen die Gesundheitsstuben, die dazu beitragen sollen, die Sterberate unter den Heroinkonsumenten zu senken. Das Frankfurter Gutachten biete zwar eine „Belebung der Diskussion“, wichtiger aber sei eine „Belebung der Praxis“. Bossong: „Wir brauchen solche Räume schnell, egal wie sie genannt werden“. Um die Gesundheitsstuben „noch 1993“ auf den Weg zu bringen, will sich Bossong jetzt dafür einsetzen, „sie in bestehenden Beratungsstellen anzusiedeln“. Marco Carini

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