■ Das Portrait: Louis Freeh
Man sollte sich vor Beginn eines neuen Jobs immer das Ende seines Vorgängers vor Augen führen. Louis Freeh, seit Montag Kandidat für den Posten des FBI-Direktors, ist also vorgewarnt. Denn William Sessions, am gleichen Tag nach sechs Dienstjahren von US-Präsident Bill Clinton aus dem Amt des FBI-Chefs entlassen, verließ seinen Posten mit lädierten Knochen – im übertragenen und wörtlichen Sinn. Über Monate hatte sich das Tauziehen um den Ex-FBI-Chef hingezogen, dem vorgeworfen worden war, Staatsgelder für private Zwecke zu mißbrauchen. Fakt ist auch, daß Sessions bereits unter Bush aneckte, weil er dessen Handhabung des „Irak- Gate“-Skandals öffentlich kritisiert hatte. Den von Clinton ersehnten Rücktritt Sessions wies dieser am Freitag ab. Beim Versuch, den aufrechten Gang auch außerhalb des Ministeriums fortzusetzen, stolperte er vor laufenden Kameras und brach sich den Ellbogen.
Seinem designierten Nachfolger, dem 43jährigen Bundesrichter Louis Freeh aus New York, traut man mehr Stehvermögen zu. Freeh ist kein Außenseiter, sondern war selbst sechs Jahre FBI-Agent – ein Traumberuf, den er schon als Achtjähriger ergreifen wollte. 1981 wechselte der graduierte Jurist als Staatsanwalt in den Gerichtssaal. Zehn Jahre später wurde er zum Bundesrichter ernannt.
Der designierte FBI-Chef Foto: Reuter
Das FBI, so schwärmte Freeh bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Präsident Clinton am Montag, sei „die großartigste Organisation zur Verbrechensbekämpfung, die je in einer demokratischen Gesellschaft geschaffen worden ist“. Aktivisten aus der Bürgerrechts- und Umweltbewegung dürfte bei dieser Lobeshymne Gänsehaut überkommen. Erwiesenermaßen war die Bundespolizei über Jahrzehnte Instrument zur Einschüchterung und Unterdrückung politisch unliebsamer Gruppen wie der „Black Panther Party“, dem „American Indian Movement“, des „Sanctuary Movement“ oder radikalen Ökogruppen wie „Earth First“. Freeh soll nun den Reformprozeß der Entpolitisierung des FBI weiterführen, vor allem aber dringend benötigte Managerqualitäten einbringen, um die gigantische Behörde mit mittlerweile 22.000 Mitarbeitern unter Kontrolle zu bringen. An Vorschußlorbeeren mangelt es ihm jedenfalls nicht. Andrea Böhm
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