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Erleuchtende Pfade

■ Kunstaktionen rings ums Gröpelinger „Lichthaus“

Schon wieder ein Auto! Nein! Ein Kunstwerk ist doch kein Parkplatz! Die Lichthaus- Besatzung ist entsetzt. Künstlerin Agnieszka Wotodzko nimmt es eher gelassen. Natürlich sollten die Gröpelinger irgendwie einbezogen werden in die Kunstaktionen, rings ums alte Arbeiteramt der AG Weser. Aber die Kunst derart zu bedrängen und gleich vor Wotodzkos steinernem Spinnennetz zu parken — da geht das gegenseitige Entgegenkommen doch etwas weit. Bis 8.8. müssen die Blechkisten verschwunden sein und stattdessen die Leute kommen: Dann nämlich sollen all die ausgreifenden Projekte abgeschlossen und präsentabel sein.

So geht das Konzept, das sich die KünstlerInnen vor Wochen im Lichthaus ausgemalt hatten, auf oft eigensinnige Weise in Erfüllung. Den Stadtteil wieder ans Wasser zu bringen, Verbindungen zu knüpfen zwischen Hafengelände, Lichthaus und dem Rest Gröpelingens: So sollte es aussehen. Und so rückten z.B. die Hafenbetriebe den Künstlern näher, lieferten Sand und Kieselsteine, liehen die große Bandsäge aus, rollten mit Baggern und Kränen an, um bei der Montage der Kunstwerke zur Hand zu gehen.

Die Arbeit mit Leuten aus der näheren Umgebung ist schließlich Programm. Aber das Programm hat seine Tücken, wenn es von der Theorie in die Praxis umgesetzt wird. Wenn z.B. statt der Leute die Autos aufs Gelände kommen. Möchte man da die Kunst nicht gleich wieder absperren? Eine rote Kordel spannen, um das Publikum auf gebührenden Sicherheits-Abstand zu halten?

Auch das schöne Konzept, neue Wege und Verbindungen für's Publikum — es findet auf seltsamen Pfaden an die Wirklichkeit. Agnieszka Wotodzka, eine von mehreren Gästen aus Gdansk, hat ein Netz aus Backsteinen vorm Hause ausgelegt — schwersymbolisch, ebenso wie der Wasserbehälter im Zentrum der Installation, darinnen ein Foto (memento AG Weser) des Geländes ruhen soll.

Doch Wotodzka hat ihr Netz noch weiter gespannt, und wird es gleich lockerer und weniger erdenschwer. Schwarze Graffitis mit einem stilisierten Spinnen- Motiv lauern listig in der weiteren Nachbarschaft; von der „Akschen“-Haltestelle angefangen hinunter zum Lichthaus und weiter bis zum Fluß.

Schwer in die Materie vergraben hat sich hingegen Susanne

Schräge Aussichten im ExR-Observatorium.F.: T.W.

Schossig. Steine, Erde, heller Sand: Der Baustoff der Küste soll hier den tieferen Sinn und den Bezug zum Ort stiften. Daraus baut sie einen wunderschön mäandernden, malerischen Fußpfad ins Gelände. Darauf die Lichthaus-Besucher wandeln sollen, zum Zweck der Selbstfindung: Der Weg als Ziel, als „simuliertes Naturereignis“ — zu schön, um wahr zu sein.

Aber es gibt auch ganz widerborstige und vertrackte Wege zur Kunst und zum Publikum.

hierhin den Holzverschlag

BITTE NACJH OBEN AN DEN

SEITENRAND RÜCKEN

Das „Observatorium“ der Architekten/Künstlergruppe ExR schneidet sich als sperriger Schiffsbug in die Landschaft. Und Mo Raudies will mit den Leuten ganz handfest und kaufmännisch ins Geschäft und Gespräch kommen: 300 Einliterflaschen, abgefüllt mit trübstem Weserwasser, bietet sie zum Tausch an — gegen alles, was irgendwie mit „Wasser" assoziiert werden kann. Thomas Wolff

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