: Unterm Strich
Die Jugend, die sich in letzter Zeit am liebsten damit beschäftigt, jene Utopien mit Springerstiefeln zu treten, die einst organisch mit dem Jungsein verbunden schienen, wird wohl bald wieder auf den rechten Kurs zurückkehren – dank der Ferienmöglichkeit mit Jesus und Pastor Wilfried Knees auf Sylt. Vormittags sind für die Delinquenten drei Stunden Glaubensarbeit vorgesehen, abends lockt ein vegetarisches Mahl.
Die Studenten der Geisteswissenschaften in Bochum dürfen bald aufatmen; sie müssen ab dem nächsten Wintersemester nicht mehr bis zum Ende durchstudieren, sondern dürfen schon nach Vollendung des sechsten Semesters aufhören. Für ihre Bemühungen erhalten sie ein Bakkalaureat (B.A.).
Die Polizei sah sich nicht in der Lage, die Verantwortung für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung beim AUFTAKT-Umweltfestival in Magdeburg zu übernehmen. Zu viele Radfahrer.
„Lange Zeit war Rockmusik der einzige Gegenpol zu den herrschenden gesellschaftlichen und politischen Verhältnissen“, sagte Ole Seelenmeyer, Geschäftsführer des Deutschen Rockmusikerverbands (DRMV), der sich am Auftakt-Festival beteiligt.
In Bayreuth, wo die Polizei sich die nämliche Verantwortung zugetraut hatte, mußte sie sich kurzzeitig einem Eierwerfer geschlagen geben, dem es gelang, den Bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber am Kopf zu treffen. Ein junger Mann, der vorläufig festgenommen wurde, gestand, das Landesoberhaupt als Ziel gewählt zu haben. Helfern glückte, wie gemeldet wird, die Reinigung der beschmutzten Kleidungsstücke. Nachdem sich die Aufregung gelegt hatte, wurde gebeizter Lachs, Yoghurt-Shrimps-Terrine mit Felchenkaviar, Roastbeef und Parmaschinken serviert.
Unterdessen haben in Salzburg die Festspiele in der Anwesenheit mehrerer Staatsoberhäupter begonnen. Unbehelligt von Eierwürfen sprach sich eines von ihnen für eine „neue Empfindsamkeit im Zusammenleben der Kulturen“ aus. Die Palette der Veranstaltungen zerfällt, wie gemeldet wird, auch heuer wieder in mehrere Sparten.
Die polnische Jugend holt auf: Die Krawalle bei Thorn endeten in der Nacht zum Sonntag mit der erklecklichen Bilanz von 34 verletzten Jugendlichen und vier lädierten Polizeibeamten. Zwölf der Aufsässigen wurden festgenommen. Sie hatten Fensterscheiben demoliert und Straßenlaternen zerstört. Grund der Ausschreitungen war, wie gemeldet wird, daß man den jungen Mitbürgern den gewünschten kostenlosen Eintritt zu einem Rockfestival verweigert hatte.
Der Film „Jud Süß“ wird nicht auf dem Filmfestival „Grenzen der Freiheit“ in Johannesburg gezeigt werden können. Einige jüdische Parlamentsabgeordnete finden, daß sie sich keine Debatte über dieses rassistische Machwerk aufdrängen lassen müssen.
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