: Kali-Kumpel bleiben hart: „Bischofferode ist überall“
■ Gespräche des Betriebsrates mit der Landesregierung / Viele Solidaritätsaktionen
Erfurt/Bischofferode (AFP/ AP/taz) – Die Kali-Kumpel in Bischofferode sind auch vier Wochen nach Beginn des Hungerstreiks nicht zum Aufgeben bereit. Bei erneuten Gesprächen zwischen der Thüringer Landesregierung und dem Betriebsrat zeichnete sich gestern in Erfurt keine Annäherung ab. Vor der Gesprächsrunde hatten die Belegschaftsvertreter deutlich gemacht, daß sie nach wie vor am Erhalt der Grube festhalten und sich auf Ersatzangebote nicht einlassen werden. „Wir haben klare Forderungen“, erklärte der Betriebsratschef Heiner Brodhun in der Thüringer Staatskanzlei, wo eine Delegation der Kali-Kumpel mit Staatsminister Andreas Trautvetter (CDU) und Wirtschaftsminister Jürgen Bohn (FDP) zusammentraf.
In dem Gespräch ging es um die von der Landesregierung angebotenen Ersatzarbeitsplätze. „Es geht uns dabei aber nicht um Ersatzarbeitsplätze für das Kali- Werk“, betonte ein Betriebsratssprecher. Die Ersatzarbeitsplätze sollen nach Ansicht des Betriebsrats den bereits arbeitslosen Thüringern zugute kommen. Ministerpräsident Bernhard Vogel (CDU) hatte am Dienstag betont, daß die Landesregierung über ihr Angebot für Ersatzarbeitsplätze nicht hinausgehen werde.Auch das Angebot von Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU), den Fusionsvertrag zwischen Mitteldeutscher Kali AG und der Kasseler Kali + Salz AG über einen Wirtschaftsprüfer einzusehen, wies der Betriebsrat als unzureichend zurück. Eine derart eingeschränkte Einsicht garantiere nicht die Klärung „aller bisher zutage getretenen Ungereimtheiten“, erklärte das Betriebsratsmitglied Hanno Rybicki. Die Belegschaft fordere „nach wie vor die vollständige und unbedingte Offenlegung des Fusionsvertrages“. Der Betriebsrat schlage vor, den Vertrag in einem Gremium einzusehen, in dem alle an der Fusion Beteiligten vertreten sind. Betriebsrat Walter Ertmer bezeichnete Waigels Angebot dagegen als ein positives Zeichen, das vor wenigen Wochen noch nicht denkbar gewesen wäre.
Am Donnerstag befanden sich weiterhin 22 Männer und fünf Frauen im Hungerstreik. An verschiedenen Orten gab es gestern wieder Solidaritätsaktionen. In Ludwigshafen ketteten sich drei Teilnehmerinnen des Hungerstreiks von Bischofferode an das Haupttor der BASF. Der Chemiekonzern ist Mehrheitsaktionär der Kali + Salz AG, die von den Thüringer Bergleuten für die geplante Schließung der Grube in Bischofferode verantwortlich gemacht wird. 77 SympathisantInnen der Kali-Belegschaft überklebten in einer landesweiten Aktion in der Nacht zu Donnerstag zahlreiche Ortsschilder in Thüringen mit der Parole „Bischofferode ist überall“. Sie erklärten, sie hätten damit gegen die Wirtschaftspolitik von Landesregierung und Treuhand protestieren und Solidarität mit den Kali-Kumpeln zeigen wollen.
In Bischofferode findet am Sonntag ein internationaler Solidaritätstag statt, zu dem über 10.000 TeilnehmerInnen erwartet werden.
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