■ Das Portrait: Artur Brauner
Daß der Berliner mit Zärtlichkeiten eher geizt, ist bekannt. Von uns „Atze“ genannt zu werden, was nicht nur ein Spitzname für Artur ist, sondern auch „Bruder“ bedeutet – das will schon allerhand heißen. Wenn man dann noch bedenkt, daß der Mann nicht einmal von hier war, sondern nach dem Krieg als jüdischer DP aus Lodz kam und kaum Deutsch konnte, ist endgültig ein Tusch fällig: Atze Brauner, Berlins liebster Filmmogul, wird am 1. August 75.
Die Kinosucht erwarb der Sohn eines Holzgroßhändlers über die Figur des Doktor Mabuse; Dämonie, Terror und sinistre Erotik ließen schon den Knaben heftig mit Bonbonpapier rascheln. Mit einem Koffer voller Reichsmark enterte er die desolate Berliner Filmbranche und avancierte schnell zum Selfmademan der Fünfziger mit Kußmund, Kulleraugen und charmantem Menjou-Bärtchen.Daß „so einer bei uns schon wieder was werden kann“, smart, mit Schwarzmarkt-Connections (wie hätte das zehn Jahre vorher geklungen?), hat wohl auch zur Freundschaft beigetragen. No, warum nicht? Von den 229 Filmen, die er in seinen Spandauer Studios produzierte, erinnert er sich am liebsten an „Morituri“ (1947).
Foto: AP
Ein Jahr nach der Gründung der CCC mit dem Erlös seines ersten Lustspiels „Sag die Wahrheit“ (prekärer Titel damals), entstand dieser Film über KZ-Flüchtlinge – ein Kassenflop. Aber so hat er es immer gehalten: Geld mit schlechter Unterhaltungsware verdienen, um es in Lieblingsprojekte zu investieren. Gerd Fröbe, Caterina Valente, Curd Jürgens und Sonja Ziemann waren die Stars des Produzenten, der nicht einem seiner Regisseure je völlige Freiheit ließ (auch Fritz Lang nicht). Das Fernsehen und die Banken haben seinem Studio und der gesamten Produktionsform einer unabhängigen Gesellschaft den Garaus gemacht; mit der deutschen Filmförderung wollen wir ihm und uns erst gar nicht die Laune verderben. Obwohl in den 60ern als Pendant zur „Nouvelle vague“ verkündet, ist er nie ein Trendsetter gewesen.
Er ist trotzdem reich genug geworden, produzieren zu können, was er möchte. Gemäß seinem Wahlspruch: „Die Gagges werden sich bejagen, und die Pointen müssen so gut sein, daß auch lachen darüber die Snoben“ wünschen wir Atze Brauner einen famosen 75. mn
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