Kasperle und der schlechte Party-Witz

■ Selbstdarsteller beim HipHop-Jam in Aumund

Man hatte den Eindruck, vor einem Fitneß-Center zu stehen: In Markensportartikel gekleidete Jugendliche bevölkerten die Straße vor dem Freizi Alt-Aumund. Der Eindruck täuschte: Die über 280 zahlenden Gäste des ersten HipHop-Jams in Bremen Nord waren durchaus keine homogene Masse. Vom schmuddeligen Hafen-Punk bis zum Kulturschaffenden mittleren Alters strömte es zum Jam — die Party-Laune aber hielt sich in Grenzen: Statt gemeinsamen Groovens mit dem Publikum übten sich die meisten der Bands in der Kunst der Selbst-Inszenierung.

Und auch musikalisch konnte der Abend nur bedingt überzeugen, in der viel zu großen Konzerthalle blieb die Stimmung meist frostig. Den Anfang machten FAB: Rapper Ferris, optisch an Axl Rose mit Clownsmütze erinnernd, beherrschte die Kunst des kraftvollen Sprechgesangs — zu sagen hatten er und sein DJ leider nichts.

Positiv überraschten Psycho Service, die in Body Count-Manier mit Heavy-Rock die zweite Hälfte des Sets aufpeppten. Die Nu Prophets schafften es, auch den harten Kern der Zuhörerschaft weiter zu dezimieren. Die Songs waren durchweg zu lang und von Improvisationsgedudel geprägt, über das Mad Marc ohne Punkt und Komma über Gott, die Welt und vor allem sich selbst rappte.

Auch die Headliner Saprize glänzten nicht gerade durch Bescheidenheit, besonders Rapper Romano hatte Schwierigkeiten, zwischen den differenzierten Songs mal die Klappe zu halten. Ein Hang zu Gekasperl und der unbestreibare Mut zum schlechten Witz schmälerte das Vergnügen an dem vielseitigen, teilweise sehr poppigen Auftritt der Formation. Dank Spitzen-Drummer Gregor groovten Saprize ganz gehörig, was zwar keine kollektive Tanzparty ergab, aber so manchen Einzeltänzer in Wallung brachte.

Dafür war es im Cafe vor der Halle um so lebendiger. Kids tauschten Breakdance-Tips aus, beeidruckten Außenstehende mit Kunststückchen, auf Flugblättern wurde propagiert, was Hip Hop sein kann: ein kreativer Teil rebel

Bremer HipHop-Kids:

Rebellisch bis

zur Zigarettenspitze

lischer Gegenkultur. Schließlich hatten sich die eingefleischten HipHop-Kids sich durch die Auflagen der Ordnungskräfte nicht weiter beeindrucken lassen. Das „Rauchen erst ab 18 Jahren“- Schild wurde ebenso ignoriert wie die bierernsten Waffenkontrollen an den Eingängen zum Jugendfreizeitheim. Und selbst die vom Veranstalter angebrachten Spanplatten-Grafittis vermochten am Willen zur Partylaune nicht zu rütteln.

Währenddessen wurde in der Halle bis nach Mitternacht weitergejammt: „Freestyle“; jeder darf sich als DJ am Turntable versuchen, an den Instrumenten und am Mikro. Ein Chance für die an diesem Abend leider schüchternen Newcomer, und so war es ein letztes Mal an Ferris, Mad Marc und Romano, die Party für die Eingeweihten und sich selbst zu beschließen. Lars Reppesgaard